Die Bildungskarenz in Österreich ist in erster Linie weiblich, akademisch und in Wien stark nachgefragt.

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Bildungskarenz soll Jobs sichern und berufliche Perspektiven erweitern. Seit mittlerweile 20 Jahren gibt es dieses Instrument: Der Arbeitnehmer nutzt eine berufliche Auszeit von maximal zwölf Monaten zur Weiterbildung, der Staat unterstützt diese Weiterbildung in Höhe des jeweiligen Arbeitslosenentgeltes.

Tatsächlich kehren laut aktueller Auswertung des Arbeitsmarktservice (AMS) aber nur 45 Prozent in ihre ursprüngliche Firma zurück. Bildungskarenzen sind damit zu einem sanften Austrittsinstrument geworden. Zum einen wird sie von Arbeitnehmern für einen schleichenden Abschied genutzt. Da es kein Rückkehrrecht für den Arbeitnehmer gibt, kann es auf der anderen Seite auch als gedämpftes sogenanntes Offboarding von Unternehmen eingesetzt werden. Die Arbeitsrechtlerin Jana Eichmeyer (Eisenberger Herzog Rechtsanwälte) formuliert es deutlich: "Häufig wird die Bildungskarenz gleich mit einer Auflösungsvereinbarung kombiniert, das heißt, die Bildungskarenz wird als ein Teil eines Austrittspackage vereinbart. Der Mitarbeiter muss nicht sofort in die Arbeitslose, das Unternehmen ermöglicht als Benefit im Zuge einer gewünschten Trennung die Bildungskarenz, die freilich das Unternehmen nichts mehr kostet." Dass sich der Gesetzgeber die Anwendung dieser Regelung jedoch wirklich so vorgestellt hat, ist wohl zu bezweifeln.

Geld für Flexibilisierung

AMS-Chef Johannes Kopf sieht die Sache positiv und spricht von einem "Instrument zur Förderung der Flexibilität am Arbeitsmarkt".

Die Zehn-Jahres-Statistik gibt ihm zumindest teilweise recht: Vor allem Junge zwischen 15 und 24 Jahren konnten durch die Bildungskarenz profitieren, indem sie anschließend ein um 20 Prozent höheres Einkommen erringen konnten. Umgekehrt: Je älter die Bildungskarenzler, desto weniger Chance besteht, es hernach finanziell besser zu haben.

Einen Boom verzeichnet das Instrument Bildungskarenz allemal: Waren es 2009 knapp 5000 Personen, so haben 2018 fast 15.000 Menschen Weiterbildungsgeld unter diesem Titel bezogen. Über 190 Millionen Euro gab das AMS 2018 inklusive Sozialversicherungsbeiträgen dafür aus. Von 2009 bis 2018 summiert sich das auf 1,4 Milliarden Euro. Nicht nur der wirtschaftliche Rahmen, auch ein höheres Weiterbildungsgeld und eine kürzere Beschäftigungsdauer machten die Bildungskarenz attraktiver. Bis 2007 wurde an alle Bezieher der Betrag in der Höhe des Karenzgeldes von 14,53 Euro pro Tag ausbezahlt. Seit 2008 wird das Weiterbildungsgeld in der Höhe des fiktiven Arbeitslosengeldes ausbezahlt, mindestens jedoch 14,53 Euro pro Tag. Der notwendige Beschäftigungszeitraum im Unternehmen verkürzte sich von zwölf auf sechs Monate.

Weiblich, Akademiker, Wiener

Bildungskarenz wird vor allem von Frauen, Akademikern und Wienern nachgefragt. Von Jänner bis Juli 2019 haben im Schnitt fast 11.000 Personen Weiterbildungsgeld in Anspruch genommen, davon 63 Prozent Frauen. 88 Prozent der Personen waren zwischen 20 und 44 Jahren alt, 44 Prozent hatten eine höhere oder akademische Ausbildung, 29 Prozent waren aus Wien.

Fast ein Fünftel kommt aus dem Gesundheits- oder Sozialbereich, je zehn Prozent aus Handel, Produktion, öffentlicher Verwaltung. Der Ausländeranteil liegt bei rund zwölf Prozent.

Nach Wienern beziehen insbesondere Personen aus Oberösterreich (19 Prozent) und der Steiermark (15 Prozent) Weiterbildungsgeld. (4.12.2019, Karin Bauer, Gudrun Ostermann)