Der Blauwal ist bekanntermaßen ein Rekordhalter: Mit einer Körperlänge von bis zu 33 Metern und einer Körpermasse von bis zu 200 Tonnen ist er das schwerste bekannte Tier der Erdgeschichte. Dass ein derartiger Gigant auch ein leistungsstarkes Herz braucht, ist klar: Es muss tausende Liter pro Minute pumpen können – und hat auch dementsprechende Dimensionen: Das Herz eines ausgewachsenen Blauwals wiegt zwischen 600 Kilogramm und einer Tonne.

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Ein Blauwal ist aufgetaucht. Sein Herz pumpt dabei am Limit.
Foto: Reuters/NOAA

Wie schnell aber schlägt die beeindruckende Blauwal-Pumpe? Das haben Forscher erstmals an einem Tier in freier Wildbahn gemessen. Das Ergebnis überraschte die Biologen: Wie sie im Fachblatt "PNAS" berichten, schwankt die Herzschlagfrequenz zwischen zwei Extremen – unerwartet langsam oder rasend schnell. Dazwischen liegt sie aber fast nie.

Zwei Schläge pro Minute

Für ihre nicht ganz einfach durchzuführende Studie nutzten Jeremy Goldbogen von der Universität Stanford und Kollegen ein mobiles EKG-Gerät mit Saugnäpfen, das mit etwas Übung an der Haut eines männlichen Blauwals in der Monterey Bay in Kalifornien befestigt wurde. "Wir hatten keine Ahnung, ob das funktionieren würde – und waren auch noch skeptisch, als wir die ersten Daten sahen", sagte Goldbogen. Die EKG-Aufzeichnungen von mehr als acht Stunden zeigten aber eindeutig die Herzschläge des Wals – und die Forscher staunten bei der Auswertung nicht schlecht.

Denn die Herzfrequenz des Tiers befand sich so gut wie nie in einem Bereich, den man als Ruhepuls eines Blauwals angenommen hatte – etwa 15 Schläge pro Minute. Stattdessen lag der Puls je nach Aktivität stark darunter oder darüber. Wenn der Blauwal in die Tiefe tauchte, schlug sein Herz nur noch vier bis acht Mal pro Minute, zeitweise sogar nur zwei Mal. "Die niedrigste Herzschlagfrequenz lag 30 bis 50 Prozent unter unseren Schätzungen", schreiben die Forscher.

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Lebensgroße Nachbildung eines Blauwalherzens.
Foto: AP/Mark Baker

Die überraschend niedrige Frequenz werde vermutlich durch den Aortenbogen möglich, so die Forscher: Dieser Abschnitt der Hauptschlagader in unmittelbarer Herznähe zieht sich bei den Blauwalen offenbar langsam zusammen, um einen zusätzlichen Blutfluss zwischen den Herzschlägen zu erzeugen.

Wenn der Wal hingegen auftauchte, schlug sein Herz zunächst überraschend lange weiterhin sehr langsam, im Schnitt zehn Mal pro Minute. Erreichte das Tier dann die Wasseroberfläche um zu atmen, kippte die Schlagfrequenz ins andere Extrem: Das Walherz pumpte 25 bis 37 Mal pro Minute, um das das beim Tauchgang entstandene Sauerstoffdefizit im Blut wieder rasch auszugleichen. Mehr als 40 Schläge wären für ein Herz dieser Größe nicht machbar, so die Wissenschafter.

Die Herzleistung des Blauwals liege also insgesamt erstaunlich häufig nahe am Limit, so die Forscher. Einen noch größeren Körper könnte diese Pumpe nicht mehr versorgen. (dare, 7.12.2019)