Wann und wo der Mensch damit begonnen hat, den Wolf zu zähmen, ist noch immer Gegenstand reger Diskussionen. Aufgrund genetischer und archäologischer Befunde grenzen Wissenschafter den Zeitraum der Abspaltung des modernen Hundes vom Wolf mittlerweile auf etwa 20.000 bis 40.000 Jahre vor heute ein. Einige Studien fanden Hinweise, darauf, dass der Mensch mindestens zweimal – in Europa und in Ostasien – den Wolf domestiziert hat. Eine jüngere Untersuchung dagegen will herausgefunden haben, dass heutige Haushunde auf nur eine einzige Region zurückgehen und dass es offenbar doch keine parallelen Domestizierungen gab.

Außergewöhnlich gut erhalten ist der im Nordosten Sibiriens gefundene Welpe. Ober es sich um einen Wolf oder bereits um einen Hund handelt, soll noch geklärt werden.
Foto: Sergey Fedorov, Institute of Applied Ecology of the North

Ein nun bekannt gewordener spektakulärer Fund aus dem Nordosten Sibiriens könnte vielleicht neue Antworten auf die Frage um die Herkunft des besten Freundes des Menschen bringen – vorerst jedoch stellt er Fachleute noch vor ein veritables Rätsel: Forscher haben im Sommer 2018 im tauenden Permafrost Jakutiens am Fluss Indigirka einen außergewöhnlich gut erhaltenen Welpen freigelegt.

Außergewöhnlich gut konserviert

Das Tier starb nach ersten Radiokarbon-Untersuchungen vor rund 18.000 Jahren im Alter von nur zwei Monaten. Dank der regionalen eisigen Temperaturen der vergangenen Jahrtausende wirkt der Kadaver allerdings weit jünger. Aufgrund des perfekten Zustandes insbesondere des Kopfes – Augenlider und -wimpern, Schnurrhaare, Nase sind praktisch unverändert – möchte man fast meinen, das Jungtier ist gerade erst eingeschlafen.

Der kleine Wolf oder Hund – das ist noch zu klären – hatte noch seine Milchzähne im Maul.
Foto: Sergey Fedorov, Institute of Applied Ecology of the North

Die sibirischen Wissenschafter haben ihren Fund "Dogor" (Jakutisch für Freund) genannt, wie die "Siberian Times" berichtet. Um herauszufinden, um welches Tier es sich bei Dogor nun tatsächlich handelt, ob es ein Wolf war oder womöglich doch schon ein früher Haushund, haben die Forscher DNA-Proben an das Stockholmer Zentrum für Paläogenetik (CPG) geschickt. Möglich wäre letzteres durchaus, denn die Region, in der der Welpe ausgegraben wurde, war vor gut 32.000 Jahren von Menschen erstmals besiedelt worden.

Unklare Zuordnung – immerhin: das Tier ist männlich

Wie das Team um Love Dalén vom CPG berichtet, sind die ersten Resultate der aufwändigen genetischen Analysen freilich alles andere als eindeutig. Immerhin aber ist geklärt, dass es sich um ein Männchen handelt. "Wir wissen nach wie vor nicht genau, wann und wo Hunde domestiziert wurden. Wir haben nicht einmal eine Ahnung, von welcher Wolfslinie sie abstammen", meint Forscher David Stanton, ebenfalls vom CPG.

Daher könnten weitere, tiefer gehende Erbgutuntersuchungen an Dogor und Vergleiche der gewonnenen Daten mit der DNA moderner Wölfe und Hunde dabei helfen, diese Fragen zu klären. Vielleicht, so spekuliert Dalén in einem Twitter-Beitrag, hätten sie hier tatsächlich "den ältesten bekannten Hund der Welt" vor sich. (tberg, 2.12.2019)