Flache Ladeplatten sind einfacher anzubringen als Ladesäulen.

Foto: Lilly Mörz

Die Ladestation der Zukunft ist kabellos, vollautomatisch und passt unters Auto. Geht es nach dem Grazer Unternehmen Easelink, müssen Elektroautobesitzer dann nichts weiter tun, als über eine flache Platte mit einer 40 mal 40 Zentimeter großen Ladefläche zu fahren. Den Rest übernimmt das sogenannte Matrix-Charging-System.

Erkennen sich die Ladeplatte und der rüsselförmige Konnektor, der im Bereich der Vorderachse am Unterboden des Wagens verbaut ist, über eine kabellose Verbindung, senkt sich der Konnektor automatisch herunter und stellt eine leitende Verbindung her.

Damit will Easelink mehrere Probleme bisheriger Ladesysteme lösen. Es sollen nicht nur das Hantieren mit oftmals dreckigen Kabeln und – angesichts einer verwirrenden Steckerstandardvielfalt – das Suchen nach einer geeigneten Ladesäule entfallen.

Flache Ladeplatten

Die flachen Ladeplatten lassen sich auch an Orten installieren, die für Ladesäulen nicht infrage kommen: zum Beispiel dort, wo Gehwege nicht breit genug sind, die Säulen Kinderwagen und Rollstuhlfahrer behindern oder in großen Mengen als störend für das Stadtbild empfunden werden.

Solche Einschränkungen machten es schon bei der aktuell geringen Marktdurchdringung von Elektroautos schwer, ein flächendeckendes Netzwerk aus Ladesäulen aufzubauen, sagt Geschäftsführer Herrmann Stockinger und ergänzt: "Haben wir künftig deutlich mehr E-Autos auf den Straßen, kann das zu einem massiven Problem werden."

Automatisches Aufladen auf Parkplatz

Mit den barrierefreien Ladeplatten ließe sich dagegen ein breites und vor allem einheitlichen Netzwerk aufbauen. "Mit Matrix-Charging ermöglichen wir ein automatisiertes Zwischenladen bei jedem Parkstopp", sagt Stockinger. Bei einer hohen Verteilungsdichte könnten E-Autos also viele Stehzeiten zum Laden nutzen und so den Batterieladestand hochhalten.

Die Ladeplatte lässt sich in oder auf dem Asphalt verankern. Sie ist wetterfest und hält auch das Gewicht von Reinigungsfahrzeugen und Schneepflügen aus. Easelinks erste Produktgeneration soll zunächst eine niedrigere Ladeleistung von elf Kilowatt (kW) Wechselstrom bieten.

Die zweite Generation ist mit 22 kW Wechselstrom – die derzeitige Obergrenze in Österreich für heimische Ladestationen – sowie 50 kW Gleichstrom zum Schnellladen geplant.

Ein weiterer Vorteil der Technologie ist, dass die Fahrer nicht präzise über der Platte parken müssen. Der deutlich kleinere Konnektor, ein flexibler Gummifaltenbalg, der das Ladekabel umgibt, kann zunächst an beliebiger Stelle auf die Platte treffen.

Beide Elemente sind mit Kontaktpins besetzt. Beim Kontakt dreht sich der Konnektor kurz hin und her, bis die richtige Kontaktposition erreicht wird. Auf der Ladeplatte werden nur jene Kontaktpins zur Stromübertragung verwendet, die vom Konnektor abgedeckt sind.

Übertragungseffizienz

Um den Ladevorgang kabellos zu machen, hat sich Easelink gegen die ebenfalls kabellose Induktions- und für die Konduktionstechnik entschieden. Bei der Konduktion treten – wie auch beim kabelgebundenen Laden – zwei leitende Elemente in Kontakt. Die Übertragungseffizienz liegt dann bei über 99 Prozent, es geht kaum Energie in Form von Wärme verloren.

Beim ebenfalls kabellosen Induktionsladen erzeugt eine Sendespule in der Bodenplatte ein elektromagnetisches Feld, das in der Empfängerspule am Auto einen Stromfluss induziert. Der Wirkungsgrad dieser Methode liegt allerdings nur bei etwa 85 Prozent. Auch die Ladeleistung ist geringer als bei der Konduktion: BMWs Induktionssystem kommt lediglich auf 3,3 kW Wechselstrom.

Zudem ist der leichte Ladearm inklusive Halterung billiger herzustellen als die schwerere Spule, deren Transport auch mehr Energie verbraucht. Bei Massenfertigung soll der Zielpreis von Easelinks System gleichauf mit dem von kabelgebundenen Wallbox-Systemen liegen. Betont wird auch die Sicherheit von Easelink: "Die Ladeplatte neben dem Konnektor kann jederzeit berührt werden", sagt Stockinger.

Positive Tests

Bisherige Tests mit einer nachgerüsteten Elektrowagenflotte des Energieversorgungsunternehmens Energie Steiermark in Graz verliefen positiv. Dabei wurden Daten etwa darüber gesammelt, wie konstant die Leistungsübertragung ist.

Derzeit baut Easelink ein Netzwerk aus Zulieferern auf und tauscht sich weltweit mit führenden Autoherstellern über das System aus. Parallel dazu laufen auch Gespräche mit Städten, die Ladeplatten zu verbauen.

Das 2016 gegründete Unternehmen wurde vom Austria Wirtschaftsservice (AWS), der Forschungsfördergesellschaft FFG und als eines von wenigen Einzelunternehmen auch im europäischen Horizon-2020-Programm gefördert.

Das Unternehmen hat es zudem in der Kategorie "Innovationen bis 25 Millionen Euro Umsatz" in die Endrunde des European Business Award geschafft. Die Gewinner werden Anfang Dezember bekanntgegeben. (Veronika Szentpétery-Kessler, 18.11.2019)