Der Jö-Bonusclub ist in der Vergangenheit massiv kritisiert worden.

Foto: Birgit Riegler

Der Jö Bonusclub hat am Freitagabend den österreichischen Big Brother Award 2019 in der Kategorie "Kommunikation und Marketing" erhalten. In insgesamt fünf Rubriken wurde der Datenschutz-Negativpreis am Freitagabend im Wiener Rabenhof vergeben. In der Kategorie "Business und Finanzen" siegte der Post-Algorithmus, mit dem die Parteiaffinität errechnet wurde. In der Kategorie "Politik" wurden der Digitale Ausweiszwang und die SIM-Karten-Registrierung ausgezeichnet. Bei "Behörden und Verwaltung" gewann die Hochsicherheits-Technologie des Seebads Weiden am See, bei der Jahreskartenbesitzer mittels Handvenenscanner identifiziert werden. Die Rubrik "Weltweiter Datenhunger" ging an Microsoft, für das Abhören von Skype-Gesprächen durch Mitarbeiter.

Kundenbeschwerden und Datenschutzbedenken

Im Mai startete der Rewe-Konzern sein neues Kundenbindungsprogramm, den Jö Bonusclub. Dieser hat die einzelnen Kundenkarten bei Handelsketten wie Billa, Bipa und Merkur ersetzt. Bereits kurz nach dem Start gab es jedoch Kritik von Konsumentenschützern an der Menge der gesammelten Daten. So berichtete unter anderem der Verein für Konsumenteninformation (VKI) von zahlreichen Kundenbeschwerden.

Wenn alle Kundentransaktionen von Billa, Billa Reisen, Bipa, Merkur, ADEG, Penny Markt, Libro, Pagro Diskont, OMV-Tankstellen, Interio, Bawag PSK, Zgonc zusammen ausgewertet werden können, sind dem Profiling Tür und Tor geöffnet – und für alle, die sich diesem Diktat nicht unterwerfen wollen, wird es immer schwieriger einkaufen zu können, ohne ein Geschäft dieses Clubs betreten zu müssen, hieß es von der Big Brother Award-Jury.

Parteiaffinitäten gesammelt

In der Kategorie "Business und Finanzen" wurde der Negativ-Preis an die Post vergeben. Anfang des Jahres sorgte der Datenskandal um die Speicherung von Parteiaffinitäten von Millionen Post-Kunden und der Verkauf dieser Daten an wahlwerbende Parteien für Aufregung. Auch die Datenschutzbehörde stellte im Prüfverfahren Verstöße fest. Sie ordnete an, die Praxis mit sofortiger Wirkung zu unterlassen und die Daten zu löschen. Dies hatte die Post bereits von selbst angekündigt.

Für Empörung sorgte im Sommer das Strandbad Wieden am See mit einem Handvenenscanner. Saisonkartenbesitzer und die Ortsbevölkerung, die gratis Zutritt zum Bad hat, müssen ihr Handvenenprofil einscannen, um ins Bad zu kommen. Mehr als 50.000 Euro wurde in den Aufbau der Hochsicherheitstechnik investiert. Die Jury des Big Brother Awards warnte, dass die Privatsphäre auf der Strecke bleibt und sensible biometrische Daten bis auf Widerruf gespeichert werden.

Digitaler Ausweiszwang

In der Kategorie "Politik" siegte beim diesjährigen Big Brother Award das sogenannte digitale Vermummungsverbot, also der Ausweiszwang im Internet sowie die verpflichtende SIM-Kartenregistrierung.

Mit dem "Bundesgesetz über Sorgfalt und Verantwortung im Netz", wie das vor der Regierungssprengung geplante Gesetz bezeichnet wurde, wollte die Koalition Poster in Zukunft dazu verpflichten, ihre persönlichen Daten zu hinterlassen. Dadurch sollte mit der Anonymität im Netz Schluss sein – User hätten zwar weiterhin unter Pseudonym posten können, hätten Behörden oder im Fall einer Beleidigung Private Zugriff verlangt, hätte dieser aber gewährt werden müssen.

Die Pläne sorgten für massive Kritik, auch in einer Stellungnahme des Obersten Gerichtshofs. Dieser hatte Zweifel, dass das Gesetz mit der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zur Vorratsdatenspeicherung vereinbar ist. So hatte der EuGH entschieden, dass eine allgemeine Datenspeicherung ohne Anlass rechtswidrig ist. Bei der digitalen Ausweispflicht würden Informationen von Nutzern gespeichert, die keine illegalen Inhalte geteilt haben. Beschlossen wurde das Gesetz nicht mehr – zuvor platzte nach dem Ibiza-Video die ÖVP-FPÖ-Koalition. Allerdings will die ÖVP es weiterhin umsetzen, die FPÖ gibt inzwischen an, ihre Meinung geändert zu haben.

SIM-Karten-Registrierung

Eingeführt wurde wiederum die SIM-Karten-Registrierung. Seit 1. September 2019 müssen alle österreichischen SIM-Karten registriert sein – oder sie können nicht mehr aufgeladen werden. Für neu gekaufte Wertkarten gilt die Registrierungspflicht bereits seit dem 1. Jänner, die Daten – Name, Geburtsdatum und akademischer Grad – werden beim Erwerb erhoben.

Beim "Weltweiten Datenhunger" wurde am Freitagabend Microsoft prämiert. Wer seine Sprach- und Videoanrufe mit dem Skype Translator übersetzen lässt, muss nämlich damit rechnen, dass nicht nur die Gesprächspartner, sondern noch mehr Menschen zuhören. Microsoft selbst spricht von einem "maschinellen Lernprozess". Bestimmte Skype-Gespräche werden von Microsoft-Mitarbeitern abgehört und analysiert. (muz, APA, 25.10.2019)