Gergely Karácsony ist die große Hoffnung von Ungarns Opposition.

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Sein Faible für Ökologie und grüne Politik hat Gergely Karácsony (44), der neue Oberbürgermeister von Budapest, nach eigener Darstellung aus dem Elternhaus mitgebracht. Der früh verstorbene Vater und die Mutter kamen aus ärmlichen Verhältnissen und wurden Gartenbauingenieure. In dem Dorf in Nordostungarn, in dem Karácsony aufwuchs, kamen Obst und Gemüse aus dem eigenen Garten auf den Tisch – produziert ohne Kunstdünger und Pflanzenschutzmittel.

Durch das Studium gelangte Karácsony in die ungarische Hauptstadt. Er belegte Soziologie und Politologie an der Budapester Universität (ELTE) und machte im Jahr 2000 sein Diplom. Danach arbeitete er als Assistent an der Budapester Corvinus-Universität und als Forschungsleiter beim Umfrageinstitut Medián. Dort schätzten die Kollegen sein Können im Umgang mit statistischen Methoden und mathematischen Modellen.

Von der Theorie in die Praxis

Den Schritt von der politischen Theorie in die politische Praxis wagte er im Jahr 2010. Die damals neu entstandene Grün-Partei LMP (Politik kann anders sein) hatte ihn als Wahlkampfleiter engagiert. Bei den Wahlen im April 2010 schaffte es die LMP mit 7,5 Prozent der Stimmen auf Anhieb ins Parlament. Es war dies auch jene Wahl, bei der der Rechtspopulist Viktor Orbán seine bis heute andauernde Herrschaft über Ungarn begründete.

Orbán schraubte an den Wahlgesetzen in einer Weise, dass große Wählerblöcke noch mehr bevorzugt wurden. Nur weitgespannte Oppositionsallianzen haben seitdem gegen Orbáns Fidesz-Partei eine Chance. Die LMP war gegen das Zusammengehen mit einer verpönten und kompromittierten Linken. Karácsony hielt dies nicht für vernünftig, trat 2012 aus und gründete mit anderen die grün-liberale Partei Dialog für Ungarn (PM).

Bilanz umstritten

Diese ist bis heute eine Kleinpartei. Mit Unterstützung der Sozialisten (MSZP) wurde ihr Kovorsitzender Karácsony, der verheiratet ist und zwei Kinder hat, 2014 Bürgermeister des Budapester Stadtbezirks Zugló. Im Bezirksrat herrschte ein Patt zwischen Fidesz und MSZP. Karácsonyi musste zwischen zwei Formationen jonglieren, die ihre Klientel mit Posten und Aufträgen zu versorgen trachteten.

Seine Bilanz sei mäßig, meinen die einen. In dem Sumpf, der ihn umgab, habe er doch viel bewirkt, sagen die anderen. Als Oberbürgermeister von Budapest und neuer Antipode zum Orbán-System wird er zeigen müssen, dass er auch in einer Löwengrube zu jonglieren vermag. (Gregor Mayer, 14.10.2019)