Heinz-Christian Strache und Johann Gudenus in Begleitung jenes Mannes, der nun festgenommen wurde.

Foto: APA / Strache Pfarrhofer

Jeden ersten Dienstag im Monat tritt die Spitze der FPÖ Wien zusammen, um im Landesparteivorstand aktuelle Geschehnisse zu besprechen. Der nächste Termin wäre ohnehin schon außergewöhnlich, steht doch zwei Tage zuvor die Nationalratswahl an. Durch die Geschehnisse rund um den einstigen Obmann Heinz-Christian Strache wird das Treffen aber wohl zu einer der brisantesten Sitzungen der vergangenen Jahre avancieren.

So ist laut "Presse" aus der FPÖ zu vernehmen, dass sogar eine Suspendierung Straches im Raum steht. Entscheidend dafür ist, ob bis Dienstag erste Ergebnisse der internen Prüfungen präsentiert werden können. Wie berichtet, prüfen Landes- und Bundespartei, ob Strache gefälschte Spesenbelege eingereicht hat. Auch die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen des Verdachts auf Untreue, es gilt die Unschuldsvermutung.

Schon gehört? Fabian Schmid erklärt, was es mit der Spesenaffäre rund um die FPÖ und Strache auf sich hat.

Spesen als Sitzungsthema

"Die gesamte Finanzgebarung muss Thema sein", sagt ein hochrangiger Freiheitlicher zum STANDARD. Dass Strache und seiner Ehefrau im Monat kolportiert 42.000 Euro zur Verfügung standen, stößt vielen Funktionären sauer auf. Am Dienstag soll die Führungsspitze der FPÖ Wien darlegen, welchen Anteil davon die Landespartei übernommen hat, welchen die Bundespartei – und wer davon gewusst oder das sogar genehmigt hat.

Außerdem belasten neue Gerüchte über Strache und seinen festgenommenen Bodyguard das Verhältnis der Partei zu ihrem ehemaligen Obmann. Warum blieb der Ex-Sicherheitsreferent, der jahrelang belastendes Material gesammelt hat, bis zum Regierungsende an Straches Seite? Darüber wundert man sich innerhalb und außerhalb der FPÖ, sollen doch andere Parteien schon vor der Wiener Landtagswahl 2015 gewusst haben, dass der Bodyguard Straches Schmutzwäsche weitergeben wollte. Drang das nie bis zur FPÖ durch?

Dementi von Strache und Anwalt

Der Anwalt von Strache weist jedenfalls alle Vorwürfe, die in der anonymen Anzeige gegen den früheren FPÖ-Chef erhoben werden, zurück. Die darin aufgestellten Behauptungen seien "an den Haaren herbeigezogen" und im Vorfeld der Nationalratswahl arrangiert worden, sagte Johann Pauer am Mittwoch im Ö1-"Mittagsjournal". Weswegen Straches Leibwächter festgenommen wurde, konnte er nicht sagen.

Mehr konnte Straches Rechtsvertreter zu den Folgen der Anzeige nicht sagen, man habe bis jetzt keine Akteneinsicht gehabt. Ebenso wenig sei abzusehen, ob auch der ehemalige FPÖ-Chef selbst mit einer Festnahme rechnen muss. Zum Vorwurf, Strache habe Bargeld in Sporttaschen erhalten, meinte er: "Jeder kann Sporttaschen fotografieren, und jeder kann irgendetwas dazu behaupten." Die Vorwürfe zurückgewiesen hatte Strache zuvor in einem Facebook-Posting auch selbst.

Das Verhältnis zwischen seinem ehemaligen Bodyguard und Strache dürfte zumindest kompliziert gewesen sein. Die Tageszeitung "Heute" berichtet nun, dass der Sicherheitsbeauftragte seinen Chef schon im April 2019 darüber informiert habe, dass "belastende Aufnahmen" vom ihm existierten. Damit ist mit hoher Wahrscheinlichkeit das Ibiza-Video gemeint, das Bekannte des Bodyguards produziert haben.

Verdacht auf Untreue

Unklar ist, ob diese Information, falls sie tatsächlich erfolgt sein sollte – DER STANDARD kann die Recherchen vorerst nicht bestätigen –, als freundschaftliche Warnung oder als strafbare Erpressung vor sich ging. Gemäß STANDARD- und "Presse"-Informationen, die auch Ö1 und die "ZiB" bestätigten, erfolgten die Festnahme des Bodyguards und die bei ihm durchgeführte Hausdurchsuchung wegen des Verdachts auf Untreue. Das steht im Zusammenhang mit angeblich gefälschten Spesenrechnungen durch Strache und sein Umfeld. "Krone" und "Oe24" behaupten hingegen, er werde auch der Erpressung verdächtigt.

Die Staatsanwaltschaft gibt dazu keine Auskünfte, weil die Angelegenheit als Verschlussakt gilt. Allerdings soll sich der Bodyguard mittlerweile wieder auf freiem Fuß befinden. Er hatte eine "Lebensbeichte" abgelegt, heißt es in Medienberichten. Laut STANDARD-Informationen zeigte sich auch eine zweite Verdächtige, die früher als Assistentin Straches tätig war, gegenüber den Behörden kooperativ.

Die Abgeordnete Dagmar Belakowitsch, Listenerste der Wiener Freiheitlichen bei der Wahl, hat derweil den Aussagen von Wiens FP-Chef Dominik Nepp, wonach die Einrichtung des Spesenkontos für Strache von der Wiener Landespartei abgesegnet worden sei, widersprochen. "Für mich ist das relativ überraschend. Das sage ich Ihnen ganz ehrlich. Ich habe keine Ahnung. Es gab keine Beschlüsse darüber", sagte Belakowitsch im Ö1-"Mittagsjournal" am Mittwoch.

Belakowitsch sitze im Parteivorstand, aber nicht im Präsidium, wo der Entschluss gefällt worden sei, präzisierte Nepp daraufhin. Darum sei ihr der Beschluss wohl nicht bekannt gewesen. Auch Belakowitschs Bruder Hans-Jörg Jenewein, der bis 2015 Landesparteisekretär war, gibt an, nichts von derartigen Beschlüssen, die in seiner Amtszeit in den Gremien gefallen seien sollen, zu wissen. (Fabian Schmid, 25.9.2019)