Im Universum da draußen gibt es jede Menge seltsamer Objekte, die sich unserer Vorstellungskraft entziehen. Am unbegreiflichsten sind wohl Schwarze Löcher, die so massereich und dicht sind, dass sie sogar das Licht verschlucken. Gleich danach kommen die Neutronensterne, die in Sachen Dichte mit den Schwarzen Löchern durchaus mithalten können: Ein einziger Zuckerwürfel Neutronensternmaterial würde hier auf der Erde 100 Millionen Tonnen wiegen – oder ungefähr so viel wie die gesamte Menschheit.

Astronomen und Physiker analysieren diese Objekte seit ihrer Entdeckung 1967 und haben auch schon vieles über sie herausgefunden.

Science Channel

Einiges bleibt aber rätselhaft, wie etwa das innere Beschaffenheit der Neutronensterne, die – wie der Name schon sagt – vor allem aus Neutronen bestehen und im Wesentlichen nichts anderes gigantische Atomkerne sind. Unbestritten ist auch, dass Neutronensterne aus massereichen Sternen entstanden sind, die am Ende ihrer Entwicklung kollabieren und dabei zu ziemlich kleinen Kugeln von rund 20 Kilometern Durchmesser schrumpfen.

Auch über die "Schrumpfung" weiß man recht genau Bescheid: Hatte der Stern ursprünglich zwischen acht und etwa zwölf Sonnenmassen, resultiert daraus ein Neutronenstern mit einer Masse von rund 1,25 Sonnenmassen, massereichere Sterne enden im Normalfall in 1,3 Sonnenmassen schweren Neutronensternen. Sterne jenseits der 40 Sonnenmassen kollabieren dagegen zu Schwarzen Löchern.

4.600 Lichtjahre Entfernung

Nun hat ein Team von US-Astronomen in 4.600 Lichtjahren Entfernung von der Erde den massivsten jemals beobachteten Neutronenstern aufgespürt, der die 2,17-fache Masse unserer Sonne in eine Kugel packt, die einen Durchmesser von nur 30 Kilometern hat. Die neue Entdeckung, die am Montag im Fachblatt "Nature Astronomy" vorgestellt wurde, wirft dabei einige neue Fragen auf – unter anderem zur Größengrenze von Neutronensternen und nicht zuletzt: zur Beschaffenheit ihres Inneren.

Konkret handelt es sich bei dem riesigen Neutronenstern um den sich extrem schnell drehenden Pulsar J0740+6620. Pulsare wiederum heißen deshalb so, weil sie zwei Strahlen von Radiowellen von ihren Magnetpolen aussenden – und zwar in solcher Regelmäßigkeit, dass sie gleichsam als Atomuhren des Universums gelten.

Shapiro-Verzögerung als Schlüssel

Diese Eigenschaft war es auch, die diese neue Entdeckung überhaupt möglich machte, und ein Zufall sorgte für die Größenbestimmung. Zwischen dem Neutronenstern und der Erde befindet sich nämlich – in nächster Umgebung des Pulsars – ein Weißer Zwerg, der mit seiner relativ geringen Masse den Puls des Pulsars leicht verzerrt, was in der Fachsprache Shapiro-Verzögerung genannt wird, die sich aus der Allgemeinen Relativitätstheorie ergibt.

Künstlerische Darstellung des Neutronensterns (klein im Hintergrund) sowie dessen Puls, der auf dem Weg zur Erde von seinem Begleiter, einem Weißen Zwerg (vorn), leicht verändert wird.
Illustration: B. Saxton, NRAO/AUI/NSF

Konkret kommen die Signale von J0740+6620 dadurch rund 10 Millionstelsekunden später an, was es ermöglichte, sowohl die Masse des Neutronensterns wie auch seines Begleiters in Gestalt des Weiße Zwerges zu errechnen. (tasch, 16.9.2019)