Bundeskanzlerin Brigitte Bierlein, sie befand das Schreddern von Druckerfestplatten unter Kurz und Kern für legitim.

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Wien – Für das Bundeskanzleramt ist das Löschen von Daten, wie es etwa bei der Amtsübergabe der Regierungschefs Sebastian Kurz (ÖVP) und Christian Kern (SPÖ) erfolgt ist, legitim. Die Vernichtung von Festplatten durch externe Unternehmen sei ein rechtskonformer Vorgang, heißt es in mehreren Anfragebeantwortungen an ÖVP, Neos und FPÖ von Bundeskanzlerin Brigitte Bierlein im Zuge der Schredder-Affäre.

Bestätigt wurde im Kanzleramt auch, dass die fünf von einem ehemaligen Mitarbeiter von Ex-Kanzler Kurz zur Vernichtung gebrachten Festplatten in Druckern beziehungsweise Multifunktionsgeräten eingebaut gewesen seien. Beim Regierungswechsel 2017 von Kern zu Kurz seien wiederum sieben interne Speicher aus derartigen Geräten geschreddert worden.

Fallen nicht unter das Bundesarchivgesetz

Auf den internen Speichern hätten sich lediglich temporäre Daten befunden, die nicht unter das Bundesarchivgesetz fallen, heißt es in den jeweiligen Anfragebeantwortungen (unten als Dateien zum Download). Daher könne ausgeschlossen werden, dass es sich um zu archivierende Daten gehandelt hat. Die Beurteilung, ob strafrechtlich relevantes Verhalten vorliegt, falle nicht in den Vollziehungsbereich der Bundeskanzlerin, heißt es in den Anfragebeantwortungen.

Kurz und Kern, beide in der Vergangenheit dem Schreddern nicht abgeneigt – legitimerweise, wie das Kanzleramt nun befindet.
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Laut Kanzleramt waren jene Geräte in den Büros von Kurz und Gernot Blümel (ÖVP), deren Festplatten vernichtet wurden, geleast und befanden sich nicht in Bundeseigentum. Die internen Speicher wurden nach dem Ausbau in das Eigentum des Bundes überführt. Diese "redundanten Daten" seien nicht dem Staatsarchiv zu übermitteln gewesen, sondern mussten vernichtet werden.

Löschung ist geboten

Eine Löschung dieser internen Speicher ist laut Kanzleramt sowohl im Sinne der Datenminimierung als auch im Sinne der IT-Sicherheit geboten, schreibt das Bundeskanzleramt weiter. Datenträger wie Festplatten und USB-Sticks werden seit dem Frühling 2015 grundsätzlich einer Vernichtung im Wege des Bundeskanzleramtes zugeführt. Größere Einheiten werden aus Sicherheitsgründen außer Haus vernichtet, womit das Unternehmen Reißwolf Österreich GmbH beauftragt wird.

Ebenso wenig ungewöhnlich ist für das Kanzleramt der Zeitpunkt der Vernichtung der Festplatten – nämlich bereits vor dem Misstrauensantrag im Nationalrat gegen das Kabinett Kurz. Amtsübergaben seien in der Regel zeitlich einschätzbar, sodass deren Abwicklung Wochen oder sogar Monate im Voraus geplant werden müsse. Auch in diesem besonderen Fall hätte sich dies abgezeichnet, weswegen ein verantwortlicher Mitarbeiter für die Kabinette Kurz und Blümel bestimmt worden sei.

Keine Auskunft über Inhalt

Über den Inhalt der geschredderten Festplatten gab das Bundeskanzleramt keine Auskunft, ebenso wenig über die handelnden Personen. Dass der Mitarbeiter einen falschen Namen verwendet hatte und darüber hinaus die Rechnung an das Unternehmen Reißwolf nicht bezahlte, sei keine direkte Angelegenheit des Kanzleramtes, wurde auf die polizeilichen Ermittlungen verwiesen. Auch ein von Anfragestellern vermuteter Konnex zur Ibiza-Affäre konnte nicht bestätigt werden.

Das Bundeskanzleramt gab außerdem an, dass seit Anfang 2017 mehr als 350 Datenträger im Haus vernichtet wurden.

Hintergrund

Noch Ende Juli hieß es, die Beamtenregierung unter Brigitte Bierlein wolle sich nicht an der "Auseinandersetzung zwischen der Vorgängerregierung und der Vorvorgängerregierung" um das Schreddern von Datenträgern im Bundeskanzleramt beteiligen, wie Regierungssprecher Alexander Winterstein sagte. Die interne Evaluierung der Vorgänge laufe.

Zur Erinnerung: Am 20. Juli 2019 wurde bekannt, dass ein Mitarbeiter des Ex-Bundeskanzlers Kurz eine Festplatte zerstören ließ – vier Tage vor dem erfolgreichen Misstrauensantrag gegen das Kabinett Kurz und damit unmittelbar nach der Ibiza-Affäre. Kurz unterstellte daraufhin seinem Vorgänger Kern, auch dieser habe bei der Amtsübergabe geschreddert. Kern empfand das als rufschädigend und drohte mit Klage.

Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) vermutet einen Konnex zwischen dem Ibiza-Video, das ehemalige FPÖ-Granden belastet, und dem Schreddern von Festplatten des Bundeskanzleramts durch einen ÖVP-Mitarbeiter. Sie ermittelt in der Causa. (APA, red, 26.8.2019)