Solarpanels erzeugen Strom ohne Emissionen und sind ein wichtiger Pfeiler der Energiewende. Aber auch sie gehen einmal kaputt. Die International Renewable Energy Agency (Irena) schätzt, dass bis 2050 weltweit zwischen 60 und 78 Millionen Tonnen Solarmüll angefallen sein werden.

Viele ausgemusterte Solarpanels sind aber noch verwendbar. Ein deutsches Start-up will ihnen ein zweites Leben schenken. Suncrafter baut aus Photovoltaik-Modulen, die sonst beim Elektroschrott landen würden, autonome Ladestationen. Momentan werden diese auf Festivals eingesetzt, wo Besucher ihre Handys, Lautsprecher und Stirnlampen aufladen können. Dabei gehe es nicht nur um Energieeffizienz, sondern auch darum, den Nachhaltigkeitsgedanken dorthin zu tragen, wo er noch nicht ganz angekommen ist. "Also nicht in die Fraktionssitzung der Grünen, aber vielleicht auf Wacken", sagt Suncrafter-Mitgründerin Lisa Wendzich zum STANDARD.

Suncrafter will mit den Ladestationen Bewusstsein für Nachhaltigkeit schaffen.
Foto: Suncrafter

95 Prozent der weggeworfenen Panels funktionstüchtig

Zwei ihrer Kollegen waren in ihrem früheren Job damit beschäftigt, Solarpanels zu testen. Denn wenn eine große Solaranlage an Leistung verliert, liegt es meist nur an einigen wenigen Modulen. Da die Module aber in Reihe geschaltet sind, "ist das gesamte Cluster nur so gut wie das schwächste Modul". Damals hieß es für Wendzichs Kollegen also: rauf aufs Dach und sämtliche Panels auf Funktionstüchtigkeit testen. Sie tauschten die defekten Module aus, und die Anlage lief wieder.

"Das war ein gutbezahlter Job", erzählt Wendzich, "aber mittlerweile lohnt sich das nicht mehr, weil der Preis für Photovoltaik-Module um den Faktor fünf gefallen ist." Heute würden defekte Cluster einfach zur Gänze ausgetauscht werden – weil das billiger ist. Das führe dazu, dass tausende Tonnen an Solarmodulen entsorgt werden, obwohl im Schnitt 95 Prozent der Module noch in Ordnung seien.

Bei großen Photovoltaik-Anlagen werden defekte Panels oft zur Gänze getauscht, obwohl nur ein kleiner Teil defekt ist.
Foto: APA/AFP/MARTIN BERNETTI

Recycling kostet viel Energie

Zwar lassen sich die Panels recyceln, momentan verbrauche das Recycling von Solarmodulen aber etwa genauso viel Energie wie die Herstellung. Bei Early-Loss-Modulen, also solchen Panels, die schneller als erwartet defekt werden, sei man hier schnell bei einer negativen Energie- und CO2-Bilanz.

Suncrafter bekommt die abmontierten Module, oft kostenlos, von Versicherungen, die sie sonst verschrotten würden. Das Start-up testet die Panels und bereitet sie auf, alle anfälligen Komponenten würden entfernt, was das Modul widerstandsfähiger mache und die Lebensdauer auf "unbestimmte Zeit" verlängere. Nachteil: Am Modul können nur mehr Niedervoltverbraucher, also etwa Smartphones, betrieben werden.

Mit der Sonne E-Scooter laden

"Für die kommerzielle Energiegewinnung, wo es darum geht, mit maximaler Effizienz möglichst viel einzuspeisen, lohnt sich das nicht", sagt Wendzich. "Sehr wohl aber im Prosumer-Kontext, wo man abnimmt, was man selbst erzeugt." Dort gehe es um Zugänglichkeit, nicht um Effizienz.

Die Idee für das Projekt kam dem Team hinter Suncrafter im Jahr 2015. "Damals dachten wir zuerst an die Flüchtlingscamps im globalen Süden", sagt Wendzich. Dann wurde aber relativ schnell klar: "An diese Ausschreibungen kommt man als kleines Unternehmen gar nicht so leicht ran." Ziel ist es aber weiterhin, gebrauchte Solarmodule in sich entwickelnde Regionen zu bringen. Das Problem laut Wendzich: "Erneuerbare Energien sind Upfront-Investments. Du investierst einmal, dann bekommst du den Strom umsonst." In Subsahara-Afrika würde aber niemand "drei-, vierhundert Euro für eine Solaranlage hinlegen" – und Kreditmärkte, die sie vorfinanzieren könnten, seien oft nicht vorhanden.

Einen anderen Einsatzzweck sieht Lisa Wendzich in der Mikro-E-Mobility in Städten, sprich: im E-Scooter-Geschäft. Sie findet es "komplett absurd, dass die Scooter jeden Abend mit großen Lkws eingesammelt und unter schlechten Arbeitsbedingungen aufgeladen werden". Ihre Vision: "Ganz, ganz viele kleine solarbetriebene Ladestationen, die gleichzeitig Parkplätze sind." Momentan sei man dabei, Städten und Scooter-Anbietern das Konzept schmackhaft zu machen. (Philip Pramer, 22.8.2019)