Ist das die Zukunft der Freizeitjogger? Der neu entwickelte Hüft-Exosuit erleichtert diesem Sportler das Laufen im Park.
Foto: Wyss Institute an der Harvard University

Das Schicksal, das heute "normalen" Radfahrern vor allem bei bergwärts führenden Abschnitten droht, könnte in nicht allzu ferner Zukunft auch Bergwanderern oder auch Läufern blühen: nämlich von Kollegen überholt zu werden, die mit akkubetriebener Unterstützung unterwegs sind. Forschern des Wyss Institute an der Universität Harvard ist es nämlich gelungen, eine bequem tragbare Apparatur zu entwickeln, die sowohl beim Gehen als auch beim Laufen unterstützend mithilft und zahlreiche Anwendungen verspricht.

Exoskelette haben in den vergangenen Jahren erhebliche Fortschritte gemacht und werden längst in vielen Bereichen eingesetzt: etwa bei der Rehabilitation von Personen mit Lähmungserscheinungen, damit diese wieder gehen lernen können. Doch auch in der Industrie oder beim Militär finden solche Apparaturen ihre Anwendung: Diese sogenannten Endoskelette helfen beim Heben oder Tragen schwerer Lasten oder beim Ausführen anstrengender Bewegungen.

Exoskelett zum Skifahren

Im Vorjahr wurde sogar erstmals ein Exoskelett vorgestellt, das die Leistungen von Skifahrern verbessern soll: Das Ding, das aus einer Kombination aus Sensoren, Software und aufblasbaren Kissen besteht, wird um die Knie geschnallt und verhilft angeblich zu längerem Skifahren.

Die künstlichen Geh- und Laufhilfen hatten bis jetzt freilich zwei nicht ganz unerhebliche Nachteile: Sie waren zum einen relativ klobig und schwer. Und zum anderen versprechen sie eine Assistenz entweder beim Laufen oder beim Gehen, nicht aber bei beidem. Eine Art automatische Gangschaltung für beide Fortbewegungsarten hatte die Biomechaniker bis jetzt überfordert.

Fünf Kilogramm leicht

Genau diese beiden Hürden übersprang nun ein US-koreanisches Forscherteam um Conor Walsh vom Wyss Institute an der Harvard University mit seinem neuesten Hüft-Exosuit, den es am Donnerstag im Fachblatt Science vorstellte. Das biegsame und leichte Exoskelett, das rund fünf Kilogramm wiegt, wird wie ein Kletterhüftgurt getragen und ist im Vergleich zu seinen Vorgängermodellen einerseits deutlich leichter und flexiblel.

Wyss Institute

Der Hüft-Exosuit, der im Rahmen des Warrior-Web-Programms der Defense Advanced Research Projects Agency (DARPA) entwickelt wurde, ist andererseits auch in der Lage, den Fortbewegungsmodus des Trägers zu erkennen und diesem auch in freier Natur die entsprechende Unterstützung zu bieten, während bisherige Modelle nur indoor eingesetzt wurden.

Das neue Exoskelett hilft auch beim Wandern und verringert dabei den Energieverbrauch um fast zehn Prozent.

Konkret erzeugt der Hüft-Exosuit mittels Zugkraft zwischen Hüftgurt und Oberschenkelgurten ein externes Dehnungsmoment am Hüftgelenk, das mit den Gesäßmuskeln zusammenwirkt. Wie die Forscher errechneten, kann das neuartige Exoskelett dadurch die Energiekosten beim Gehen (bei einer Geschwindigkeit von 5,4 km/h) um 9,3 Prozent reduzieren und beim Laufen mit 9 km/h um immerhin vier Prozent.

Vielfache Einsatzmöglichkeiten

Für die Forscher um Walsh und die Erstautoren Jinsoo Kim und Giuk Lee ist freilich auch dieser neuartige Hüft-Exosuit nur ein Zwischenschritt. Längst arbeiten sie an der Optimierung der Technologie. Vor allem geht es darum, das Gewicht weiter zu reduzieren und die Benutzerfreundlichkeit weiter zu erhören.

Das lasse auch an zahlreiche neue Einsatzmöglichkeiten denken, so Walsh. Vor allem geht es natürlich um Unterstützung für Menschen mit Gehbehinderungen, aber auch um den Einsatz in der Industrie. Und selbstverständlich hat er als Zielgruppe auch die "Weekend-Warriors" im Auge, die Wochenendfreizeitsportler, die sich beim Wandern oder Laufen leichter tun wollen als bisher. (tasch, 15.8.2019)