Wenn Leute an Levitation denken, denken sie an Magie oder exzentrische Heiler, die mit ihrer Konzentrationskraft Objekte zum Schweben bringen können. Das ist alles nur eine optische Illusion oder Scharlatanerie. Es gibt aber eine physikalische Erklärung für die Levitation: Es handelt sich um ein Kräftegleichgewicht zwischen einer Kraft, die gegen die Schwerkraft – die Anziehungskraft der Erde beziehungsweise die Ursache, warum alle Objekte hinunterfallen – wirkt, wodurch sich die beiden Kräfte aufheben und ein Objekt schweben kann.

Es gibt mehrere Arten von Levitation: akustische, elektrostatische, aerodynamische und diamagnetische Levitation. Bei der akustischen Levitation sind es Schallwellen, die eine Kraft erzeugen, die gegen die Schwerkraft wirkt; bei der elektrostatischen Levitation ist es ein elektrisches Feld; bei der Aerodynamik ist es die Auftriebskraft, während es bei der diamagnetischen Levitation es eine magnetische Kraft ist, die vom Material und der Stärke des Feldes abhängig ist.

Schwebender Frosch in einem 16-Tesla-starken Magnetfeld.
Foto: Nijmegen High Field Laboratory

Diamagnetische Levitation: der schwebende Frosch

Man könnte meinen, dass eine magnetische Kraft nur bei Ferromagneten vorkommt, das ist aber nicht so. Wie wir in unserem Beitrag über die Spintronik erwähnten, haben alle Atome Elektronen mit Spin, welche als kleine Magnete mit Nord- und Südpol betrachtet werden können. Wenn ein Atom gepaarte Elektronen hat, heben sich diese kleinen Magnete auf, sodass das Material als nicht magnetisch betrachtet werden kann. Die kleinen Magnete erzeugen ein sehr schwaches Magnetfeld, das unentdeckt bleibt, sodass diese Materialien dennoch magnetisch sind. Sogar wir sind magnetisch. Aus diesem Grund ist es möglich, jedes Material und jedes lebende Wesen auf der Erde magnetisch schweben zu lassen. Man braucht dazu nur ein ausreichend starkes Magnetfeld. Das ist genau, was Physiker des High Field Laboratory in Nijmegen getan haben: Sie haben einen lebenden Frosch in einem 16-Tesla-starken Magnetfeld schweben lassen. Zum Vergleich: Die Magnetfeldstärke eines Kühlschrankmagnets beträgt ungefähr 0.005 Tesla – das ist 3.000 Mal schwächer. Dem Frosch ist übrigens nichts passiert und er ist nach seinem Aufenthalt im Magnet wieder davongehüpft.

Man nennt dieses Phänomen diamagnetische Levitation. Ein Diamagnet ist ein Material mit gepaarten Spins, dessen Atome aber kleine magnetische Felder erzeugen, die ein starkes Magnetfeld abstoßen können. Der Frosch schwebt, weil die kleinen Magnete eine magnetische Kraft erzeugen – wegen des starken äußeren Magnetfeldes –, die gegen die Schwerkraft wirkt, sodass in der diamagnetischen Levitation die Schwerkraft für jedes einzelne Atom kompensiert wird. Dieser Effekt könnte auch als Antigravitationsmaschine betrachtet werden.

Levitation durch einen Supraleiter

Das Phänomen des Magnetschwebens tritt auch in einer anderen Klasse von speziellen Materialsystemen auf – den sogenannten Supraleitern. Wie der Name schon sagt, besitzen Supraleiter bestimmte Eigenschaften, die sie von normalen Leitern unterscheiden, ähnlich wie Superman sich von einem gewöhnlichen Menschen unterscheidet. Der einzige Unterschied besteht darin, dass Superman Fiktion ist, Supraleiter aber sehr real sind.

In einem Leiter können sich die Elektronen frei zwischen zwei Punkten A und B bewegen. Dieser Ladungsfluss in einem Leiter ist das, was wir Strom nennen. Aber wenn die Elektronen im Inneren des Leiters fließen, kollidieren sie unweigerlich, entweder mit den positiven ionischen Kernen oder untereinander aufgrund der Schwingungen der Atome des Leiters. Diese Kollisionen führen zu der Eigenschaft von Leitern, die wir Widerstand nennen, der in der Tat ein Widerstand gegen den Elektronenfluss ist. So fließt beim Verbinden eines Kupferdrahtes zwischen den beiden Leitungen einer Batterie Strom, und gleichzeitig bietet der Kupferdraht auch einen gewissen elektrischen Widerstand zum Stromfluss, der meist in Form von Wärme abgetragen wird (der Kupferdraht erwärmt sich durch diese Kollisionen). Viele Materialien sind Leiter, aber vor allem Metalle, zum Beispiel Kupfer und Aluminium. Andere Materialien wie Silizium, Germanium oder Galliumnitrid werden als Halbleiter bezeichnet, da sie einen wesentlich höheren und abstimmbaren Widerstand gegen den Elektronenfluss aufweisen. Gibt es also einen Leiter, bei dem der elektrische Widerstand verschwinden kann? Die Antwort ist: Ja, den Supraleiter.

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Null Widerstand

Ein Supraleiter ist ein Material, das keinen elektrischen Widerstand besitzt, das bedeutet, dass es elektrischen Strom ohne Wärmeverluste transportieren kann. Daher wären Supraleiter ideal für elektrische Bauelemente, jedoch funktionieren die meisten Supraleiter nur bei sehr niedrigen Temperaturen. Es gibt eine kritische Temperatur, unter der ein Supraleiter Null Widerstand hat. Über dieser Temperatur verhält sich das Material wie ein Metall.

Die Geschichte der Supraleiter begann Anfang des letzten Jahrhunderts in Leiden, Niederlande, wo der Physiker Heike Kamerlingh Onnes und sein Doktorand Gilles Holst 1911 begannen, die elektrischen Eigenschaften von flüssigem Metallquecksilber am Siedepunkt von flüssigem Helium bei 4.2 Kelvin (das entspricht -269 Grad Celsius) zu untersuchen. Zu ihrer Überraschung verschwand der elektrische Widerstand von Quecksilber bei dieser Temperatur. In den Worten von Onnes war dieser Null-Widerstandszustand von Quecksilber etwas, das in der Geschichte noch nie zuvor beobachtet wurde, und er bezeichnete dieses einzigartige Phänomen als ''Supraleitung''. Bald nach dieser Entdeckung wurde eine volle Palette von Metallen und Legierungen gefunden, die den Null-Widerstandszustand unterhalb der kritischen Temperatur aufweisen. 1933 entdeckten die zwei deutschen Physiker Walther Meissner und Robert Ochsenfeld, dass ein Supraleiter unter dessen kritischen Temperatur zu einem perfekten Diamagneten wird, der äußere Magnetfelder abstößt. Das bedeutet, dass kein Magnetfeld im Inneren eines Supraleiters existieren kann. Das ist der Grund weshalb ein Permanentmagnet, der ein Magnetfeld erzeugt, über einen gekühlten Supraleiter, wie im Video gezeigt wird, schweben kann.

Der Austritt des Magnetflusses aus dem Supraleiter erfolgt durch kleine Oberflächenströme, die sich im Supraleiter aufbauen, wenn ein Magnet in seine Nähe gebracht wird. Solche Oberflächenströme, auch Dauerströme genannt, machen Supraleiter zu idealen Systemen für viele Anwendungen mit geringer oder gar keiner Leistung.  Dieser Effekt, der Meissner-Ochsenfeld-Effekt, ist natürlich viel komplizierter und ist gewissermaßen das Funktionsprinzip der Schwebezüge in Japan. Er ist neben der Erklärung der Levitation auch eine Antwort auf die Existenz des sogenannten Gottesteilchens oder des Higgs-Bosons. Aber die Erklärung dafür behalten wir uns für einen eigenen Blogbeitrag vor. (Andrea Navarro-Quezada, Rajdeep Adhikari, 13.8.2019)

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