Die heiklen Verflechtungen mit den Burschenschaften bleiben weiterhin im Dunkeln. Diese wollen ihre Archive für die FPÖ-Historikerkommission nicht öffnen.

Foto: Fischer

Seit Februar 2018 brütet eine geheime Historikerkommission der FPÖ über einem Bericht, der die Geschichte der Partei erhellen soll. Schon mehrmals wurde eine Veröffentlichung angekündigt – und wieder vertagt.

Am 5. August will der designierte FPÖ-Chef Norbert Hofer nun zumindest Kostproben des Berichts in einem Presse-Hintergrundgespräch vorstellen. Ob sich eine Präsentation des gesamten Berichts noch vor den Wahlen ausgehen wird, darüber ist sich Hofer nun nicht mehr so sicher.

So bleibt diese Arbeit bis auf weiteres im Großen und Ganzen eine Verschlussakte, die eigentlich – wie seinerzeit überraschend offen kolportiert wurde – ohnehin nur als "taktisches Manöver" gedacht war, um aus den Schlagzeilen zu kommen. Aus Schlagzeilen, die die Freiheitlichen immer wieder in die Nähe rechtsnationaler und rechtsextremer Lager brachten und bringen.

Eigentlicher Anlass für die Einsetzung dieser Kommission war der Skandal um das Burschenschafter-Liederbuch der Verbindung Germania zu Wiener Neustadt, der auch der damalige niederösterreichische FPÖ-Spitzenkandidat, Udo Landbauer, angehört hatte. Im Gesangsbuch fanden sich Textzeilen wie "Gebt Gas, ihr alten Germanen, wir schaffen die siebte Million".

Keine Namen

Dass die Aufarbeitung der blauen Geschichte so lange dauert, liege zum einen auch daran, dass der Bericht noch von israelischen Historikern sozusagen "approbiert" werden sollte, sagt Hofer.

Der blaue Chefideologe Andreas Mölzer erklärt, dass die israelischen Historiker, die wahrscheinlich bei dem Pressegespräch am 5. August genannt werden, sich ausgesuchten Themenbereichen, "die das Judentum betreffen, wie Restitution oder Antisemitismus" widmen werden. In Norbert Hofers Büro wird allerdings erklärt, die beiden israelischen Historiker würden diesmal noch keine Rolle spielen. "Wir werden die Namen der Historiker sicher nicht nennen", heißt es.

Bis dato dürfte die FPÖ nur einen einzigen israelischen Wissenschafter kontaktiert haben. Im Zuge der STANDARD-Recherche tauchte der Name Mordechai Kedar auf. Auf Nachfrage hält sich Kedar bedeckt. Er könne nichts dazu sagen. Auf die Frage, ob er den Auftrag der österreichischen Freiheitlichen denn grundsätzlich angenommen habe oder annehmen würde, sagte Kedar: "Kein Kommentar."

Kedar, der an der Bar-Ilan-Universität am Arabistik-Institut lehrt, gilt als Nationalreligiöser, der die Zweistaatenlösung ablehnt und für die Ausweitung von Israels Souveränität auf das Westjordanland plädiert – allerdings mit der Etablierung von sieben palästinensischen Emiraten rund um die großen Städte.

Kedar diente als Oberstleutnant in der Geheimdiensteinheit der Armee. Er spricht fließend Arabisch und ist heute auch wissenschaftlicher Mitarbeiter am Begin-Sadat-Center für Strategische Studien – einem konservativen Thinktank. Seine Schwerpunkte: Islam, arabische Massenmedien sowie Popkultur, Staat und Gesellschaft in der arabischen Welt.

Ein Geheimnis

Die Israel-Anfrage der Blauen verwundert auch einen der Beitragsautoren. "Das verstehe ich nicht", sagt Kurt Scholz. Der frühere Wiener Stadtschulratspräsident hat einen Beitrag über die Geschichte der FPÖ und ihres Vorläufers, des Verbands der Unabhängigen (VdU), verfasst.

"Das kommt mir ein bisserl so vor, wie wenn man eine Generalabsolution haben möchte", sagt Scholz. Er ortet "eine Mischung aus guter Absicht und einer gewissen Naivität".

Warum so ein Geheimnis um die Arbeit gemacht wird, kann Scholz selbst nicht sagen: "Ehrlich gesagt, ich bin schon davon ausgegangen, dass das viel früher publiziert wird."

Scholz erhofft sich nach der Veröffentlichung des FPÖ-Berichtes eine "kritische Diskussion". Die Instanz für einen solchen Bericht seien jedenfalls alle Historikerinnen und Historiker – "und zwar weltweit".

Mit ihrem "Historikerbericht" scheint sich die FPÖ jedenfalls einigermaßen überhoben zu haben – Denn ob die wirklich entscheidenden Sachbereiche wie die Beziehungen zu den Burschenschaften, den Identitären oder anderen rechtsextremen Gruppen behandelt werden, ist fraglich. Die FPÖ hat keinen Zugriff auf externe Archive, muss daher auf Kooperation setzen. Das Interesse daran war bisher enden wollend. (Lissy Kaufmann aus Israel, Peter Mayr und Walter Müller, 1.8.2019)