Ein jahrhundertealtes Problem wird auf das "Quantenschachbrett" verlagert.
Illustration: Uni Innsbruck

Innsbruck – Ein Quantencomputer könnte eine kniffliges Schachproblem lösen, das schon seinerzeit den großen Mathematiker Carl Friedrich Gauß beschäftigt hat, berichtet die Universität Innsbruck. Beim sogenannten Damenproblem geht es um die Frage, wie acht Damen auf einem Schachbrett so angeordnet werden können, dass sie einander nicht schlagen können. Auf einem klassischen Schachbrett mit 8 x 8 Feldern ist das mathematisch noch relativ einfach zu ermitteln: Es gibt 92 verschiedene Möglichkeiten. Zöge man jedoch ein Schachbrett mit 25 x 25 Feldern heran, wären es schon atemberaubende zwei Billiarden Möglichkeiten.

Das Problem ...

Allein die Berechnung dieser Zahl verschlang laut Uni Innsbruck bereits 53 Jahre an CPU-Zeit. Und stehen vorab schon einige Damen auf dem Feld und stellen damit Wege zu, wird es noch komplizierter. Wolfgang Lechner vom Institut für Theoretische Physik der Universität Innsbruck und dem Institut für Quantenoptik und Quanteninformation (IQOQI) der Österreichischen Akademie der Wissenschaften ist in einem populärwissenschaftlichen Artikel über eine Arbeit britischer Wissenschafter gestolpert: Sie haben gezeigt, dass dem Problem unter diesen Voraussetzungen mit 21 Damen durch klassische mathematische Algorithmen nicht mehr in angemessener Zeit beizukommen ist.

Lechner, der sich mit allgemeineren Optimierungsproblemen beschäftigt, wurde klar, dass es sich hier um eine Aufgabe handelt, wo quantenphysikalische Herangehensweisen zu besseren Resultaten führen könnten. Anders als die herkömmlichen Bits eines Computers, die nur exakt zwei Zustände (0 und 1) einnehmen können, können die Qubits genannten Informationseinheiten des Quantencomputers mehrere Zustände gleichzeitig darstellen und miteinander wechselwirken. "Ob es überhaupt möglich ist, für so ein numerisches Problem die Überlegenheit von Quantencomputern zu zeigen", sei momentan eine zentrale Frage in der Quantenphysik.

... und ein möglicher Lösungsweg

In Kooperation mit Helmut Ritsch, Valentin Torggler und Philipp Aumann ging Lechner daran, eine Art Quanten-Schachbrett zur Lösung des Damenproblems zu konstruieren. Als Spielfiguren fungieren hier einzelne Atome, das Brett wird mittels eines optischen Gitters aus Laserstrahlen aufgebaut.

"Über die Einstellung der Wechselwirkung zwischen den Teilchen können wir aus den Atomen Schachdamen machen, die sich nach den Schachregeln verhalten, sich also in allen Bewegungsrichtungen des Spiels aus dem Weg gehen", so Ritsch. Da die Teilchen in der ultrakalten Umgebung ihre Quanteneigenschaften herauskehren und wie Wellen funktionieren, können diese "viele Möglichkeiten gleichzeitig austesten und es zeigt sich sehr rasch, ob es eine nach Schachregeln gültige Lösung für die vorgegebenen Bedingungen gibt", so der Physiker.

Wie die Lösung aussieht, könnte dann entweder ausgelesen werden, "indem man einfach die Position der Atome misst". Aber auch das von dem System abgestrahlte Lichtfeld trage die Information über die Positionen in sich, erklärte Lechner. Obwohl ein solcher Aufbau noch Schwierigkeiten in der Umsetzung bereit halte, "spricht überhaupt nichts dagegen, dass man es sofort probiert". Außerdem bestehe die Hoffnung, "dass man relativ schnell diese 21 Atome erreicht", sagte der Wissenschafter. Das Paper der vier Physiker ist im Fachjournal "Quantum" erschienen. (red, APA, 10. 7. 2019)