Der feministische Ärger über All-Male-Runden wie jüngst Žižek-Pfaller-Pilz hat nach Ansicht von "An.schläge"-Redakteurin Lea Susemichel nichts mit Denk- und Redeverboten für "alte weiße Männer" zu tun. Vielmehr gehe es um linke Zukunftsvisionen, die man bloß nicht jener Generation überlassen dürfe, erklärt sie im Gastkommentar.

Žižek-Pfaller-Pilz, satirisches Mainsplaining?
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Ich hielt die Sache für einen Scherz: Slavoj Žižek, Robert Pfaller, Peter Pilz auf einem Haufen – das hat tatsächlich satirische Symbolkraft für Macho-Mansplaining. Aber so dreist, sich ausgerechnet gemeinsam auf ein Podium zu setzen und sich über alle feministische Kritik hinwegzusetzen, um über "sexuelle Umwälzungen" zu sprechen, seien sie dann ja wohl doch nicht.

Aber ja, tatsächlich, sie waren es, sogar dreist genug, sich nach Empörung über diese eitle Ego-Show in letzter Minute mit Judith Ransmayr eine "Schutzpatronin" (Selbstbeschreibung) dazuzusetzen, die Medienberichten zufolge zwischen den männlichen Monologen jedoch nur mit einem einzigen kurzen Statement zu Wort kommen durfte und überdies mit dem falschen Namen angesprochen wurde. Meine Häme über so viel unfreiwillig zur Schau gestellte Macker-Kultur ist zugegebenermaßen groß, aber meine Fassungslosigkeit, dass sich dafür 2019 noch eine Bühne findet, ist größer.

Eitle All-Male-Panels

Denn es geht bei solchen Veranstaltungen und den sie begleitenden Debatten nicht um bloße Repräsentationsfragen, sondern tatsächlich um die Zukunft linker Politik. Sich über solch eine All-Male-Runde zu ärgern hat nichts mit Denk- und Redeverboten für "alte weiße Männer", zu tun, die der politisch korrekte Mob vermeintlich verteilt, weil er andere Meinungen nicht aushalten würde. Sich am politischen Diskurs beteiligen zu wollen – ganz besonders dann, wenn dieser Diskurs die eigene Emanzipation verhandelt – und Männern mitunter zu widersprechen ist keine Anmaßung und hat nicht das Geringste mit Zensur zu tun. Es ist eine demokratische Selbstverständlichkeit.

Podien und Publikum gehören diesen "alten weißen Männern", das ist ein statistischer Fakt. Wird versucht, ihnen diese Bühnen streitig zu machen oder sich wie im aktuellen Fall für Widerspruch auch nur eine eigene Bühne zu nehmen, beklagen solche Männer in Trump'scher Manier reflexartig eine feministische Hexenjagd – wobei in bewährter Täter-Opfer-Verkehrung dabei bezeichnenderweise die historisch Verfolgten zu Verfolgerinnen werden.

Aufstieg der Rechten

Die politische Kritik an den Positionen, für die das Podium exemplarisch steht, bleibt im großen Selbstviktimisierungsgeheule ungehört. Doch es ist die politische Gegenwartsanalyse dieser sich als links positionierenden Männer, die so falsch und gefährlich ist, dass ihr von feministischer Seite unbedingt etwas entgegengesetzt werden muss. Denn einzelne Entgleisungen, wie Žižeks jenseitiger Artikel in der NZZ, sind bloß Ausdruck für den Versuch, den Feminismus als Ganzes zu dämonisieren und zu diskreditieren. Feminismus sei gemeinsam mit anderen Identitätspolitiken am Aufstieg der Rechten schuld, so die leider in der linksliberalen Öffentlichkeit gegenwärtig generell sehr verbreitete These.

Dabei sind sich diese "linken Männer" selbst für Allianzen mit rechten Antifeministen nicht zu schade, die sich gleichfalls als mutige Rebellen gegen einen feministischen Mainstream inszenieren, der ungeachtet aller realen Machtverhältnisse als dankbarer Pappkamerad dient. Denn darauf, dass die Feministinnen den Bogen überspannen, können sich Männer unterschiedlichster Lager und Milieus immer noch einigen.

Gemeinsam mit den Jan Fleischhauers ("In der Brüderle-Affäre ... liegt die Geburtsstunde des Rechtsrucks") und Michael Fleischhackers wird nun gegen Feminismus gewettert, und auch Linke behaupten allen Ernstes, dass letztlich #MeToo für den Aufstieg von FPÖ und AfD verantwortlich sei.

Linke Zukunftsvisionen

Es sei ihnen deutlich gesagt: Die Schwächung linker Parteien und Politiken verdanken wir stattdessen nicht alleine dem neoliberalen Paradigmenwechsel in der Sozialdemokratie, sondern genau solch einer toxischen Nachahmung der rechten Suche nach gesellschaftlich schwächeren Sündenböcken.

Wer also ernsthaft Alternativen zum globalen Rechtsruck sucht, sollte das Ringen um linke Zukunftsvisionen tunlichst nicht ausgerechnet jener Generation Männer überlassen, die angesichts des Scherbenhaufens verzweifelt die eigene Mitschuld von sich zu schieben versuchen.

Zum Glück müssen wir das aber auch gar nicht, schließlich gibt es neue Generationen mit klügeren Analysen und besseren Ideen. Es fehlt ihnen nur die Bühne. (Lea Susemichel, 9.4.2019)