Ein hoher Mindestlohn würde den Handel stark treffen.

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Die Folgen des gesetzlichen Mindestlohns würden zu einer drastischen Erhöhung der Arbeitslosigkeit führen. Das prognostizierten deutsche Ökonomen kurz nach der Einführung im Jahr 2014. Vier Jahre später boomt der deutsche Arbeitsmarkt noch immer, und die Arbeitslosigkeit in Deutschland ist so gering wie lange nicht mehr.

Vielleicht ist das auch ein Grund dafür, dass der deutsche Finanzminister Olaf Scholz (SPD) vor kurzem dafür plädierte, den Mindestlohn von derzeit 8,84 Euro pro Stunde auf zwölf Euro zu erhöhen. Wenn 8,84 Euro schon keine Jobs vernichteten, warum soll es bei zwölf Euro dann anders sein? Klar ist, dass ein Mindestlohn irgendwann zu niedrigerer Beschäftigung führen muss. Dieser Wendepunkt ist in jedem Land anders, in Deutschland liegt er bei knapp 7,5 Euro die Stunde. Das erklärt auch, warum die Effekte bei weitem nicht so negativ waren wie befürchtet, von der boomenden Exportwirtschaft einmal ganz abgesehen. Zwölf Euro pro Stunde liegen also deutlich darüber, weshalb die Folgen negativ sein müssen.

Höherer Mindestlohn verschärft Armut

Das gilt besonders für bestimmte Personengruppen. Die Betroffenen wären in erster Linie Junge und Frauen. Letztere sind vor allem in niedrig bezahlten Branchen wie dem Handel oder der Herstellung von Waren überrepräsentiert. Darüber hinaus sind diese Branchen aufgrund niedriger Produktivitätszuwächse von einem hohen Mindestlohn stärker betroffen als andere, wie Berechnungen der Agenda Austria zeigen. Bei einem monatlichen Bruttoeinkommen von 1.750 Euro würden in diesen Wirtschaftsbereichen 16.000 Jobs verloren gehen. Diese Verluste träfen die Frauen im Endeffekt am härtesten.

Daher sollten sich die politischen Entscheidungsträger, sei es in Deutschland oder hierzulande, der großen Risiken einer solchen Anhebung bewusst sein. Denn ein zu hoher Mindestlohn führt nicht dazu, die Armut zu verringern, sondern verschärft diese erst recht. Ein Hauptgrund für Armutsgefährdung ist es nämlich, gar keine Arbeit zu haben. 2017 waren 14 Prozent der Österreicher armutsgefährdet. Während diese Quote in der Gruppe der Erwerbstätigen bei acht Prozent lag, waren es bei den Arbeitslosen 66 Prozent. Einen Job – wenn auch einen niedrig entlohnten – zu haben senkt das Armutsrisiko also deutlich.

Karenzzeit verkürzen

Doch wie kann den benachteiligten Arbeitnehmern, vor allem den Frauen, nun geholfen werden? In Bezug auf die immer noch hohen Gehaltsunterschiede zwischen Männern und Frauen müssen vor allem die Karenzzeiten geändert werden. Denn der Lohn hängt in Österreich ganz wesentlich von der Arbeitserfahrung ab. Wer den Gender-Pay-Gap reduzieren will, kommt nicht umhin, die Karenzzeit von Frauen zu verkürzen und die Männer stärker in die Verantwortung zu nehmen. (Monika Köppl-Turyna, 13.11.2018)