Foto: CD Projekt / The Witcher 3

Der polnische Spielhersteller CD Projekt sieht sich massiver Kritik seitens ehemaliger Entwickler ausgesetzt, die am Blockbuster "The Witcher 3" und am kommenden Sci-Fi-Rollenspiel "Cyberpunk 2077" gearbeitet haben. Auf der Unternehmensbewertungswebseite Glassdoor beschweren sich einige Ex-Mitarbeiter über Ausbeuterlöhne, chaotisches Management und massenhaft Überstunden. Bei knapp 50 Bewertungen hält die Firma nun bei einem Durchschnittsscore von 3,1 von 5 Punkten.

"Nicht für jeden"

Die negativen Reaktionen und vor allem die Kritik am Entwicklungsprozess von "Cyberpunk 2077" sowie einigen hochkarätigen Personalabgängen rund um das Spiel ließen nun Mitbegründer Marcin Iwinski und Studiomanager Adam Badowski in die Gegenoffensive übergehen und veröffentlichten einen offenen Brief zur "Moral des Studios".

"Jedes Rollenspiel, das wir bisher entwickelt haben, wirkte anfangs unmöglich umzusetzen. Aber selbst, wenn sich etwas unmöglich zu erreichen anfühlt, heißt es nicht, dass es so ist. Wie es sich herausstellt, sind die meisten Dinge absolut möglich, sie benötigen nur viel Zuversicht, Engagement und Leidenschaft", heißt es in der Stellungnahme. "Dieser Zugang zur Spielentwicklung ist nichts für jeden. Er benötigt oft eine zusätzliche Anstrengung, um das Rad neu zu erfinden – selbst wenn man persönlich findet, dass es bereits super läuft. Aber wisst ihr was? Wir glauben, dass die Neuerfindung des Rades – jedes Mal aufs Neue – genau das ist, was zu einem besseren Game führt. Es ist das, was zu Innovationen führt und was es uns erlaubt zu sagen, dass wir wirklich hart an etwas gearbeitet haben und von dem wir denken, dass es euer hart verdientes Geld wert ist."

"Der Preis für ein großartiges Spiel"

Laut Iwinski und Badowski sei dies nach der "Witcher"-Serie auch der Zugang, den man zum neuen Projekt "Cyberpunk 2077" habe. Mit dem großen Unterschied, dass an dem neuen Rollenspiel nicht 200 Leute arbeiten wie bei "The Witcher 3", sondern 400 Entwickler. "'Cyberpunk 2077' schreitet wie geplant voran, aber wir nehmen uns Zeit – in diesem Fall ist Stillschweigen der Preis dafür, ein großartiges Spiel machen zu können."

Wenngleich die Manager damit Einblicke in die Arbeitsweise des Studios geben, gehen sie nicht direkt auf die von den ehemaligen Entwicklern genannten Probleme ein. Wie die Branchenseite Eurogamer auf Basis von einigen Gesprächen mit Ex-Mitarbeitern berichtet, sei Verschwiegenheit tatsächlich der harmloseste Preis, den Entwickler bei CD Projekt bezahlen müssten. Demnach seien die Glassdoor-Rezensionen glaubwürdig. Die Mitarbeiter seien überarbeitet, unterbezahlt und die Organisation lasse zu Wünschen übrig. Auf der anderen Seite seien viele der Kritiker auch nicht länger als ein Jahr bei CD Projekt gewesen und kamen von anderen großen Studios, die womöglich besser organisiert waren. Wie aus positiven Rezensionen hervorgeht, könnten sich andere mit diesen Bedingungen arrangieren und begrüßen es, von ihrem Arbeitgeber gefordert zu werden. Ob der klaren Spaltung zwischen sehr positiven und sehr negativen Berichten scheint CD Projekt aber jedenfalls noch weit weg zu sein vom goldenen Mittelweg. (zw, 17.10.2017)