Barockes Jagdschloss, Schule, NS-Gästehaus: Kleßheim blickt auf eine bewegte Geschichte zurück. Heute rollt hier die Roulettekugel.

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Salzburg – Das noble Schloss Kleßheim knapp vor den Toren der Landeshauptstadt Salzburg in der Gemeinde Wals-Siezenheim blickt auf eine wechselhafte Geschichte zurück. Es war barockes Jagdschloss der Fürsterzbischöfe, Sitz von Adeligen, es beherbergte eine Tanzakademie. Heute sind hier ein Kasino und Teile der Tourismusschulen untergebracht.

Nicht zuletzt aufgrund der Nähe zur Sommerresidenz von Adolf Hitler am Obersalzberg in Berchtesgaden wurde Kleßheim von den Nationalsozialisten zum "Gästehaus des Führers" umgebaut. Faschistische Diktatoren wie Benito Mussolini, Miklós Horthy und Ion Antonescu gaben sich hier die Klinke in die Hand.

Deutlichste bis heute sichtbare Spur der NS-Vergangenheit sind die beiden martialischen Adler am Eingangstor zum Schloss. Sie wurden vom Halleiner Bildhauer Jakob Adlhart angefertigt. Dieser hatte auch die bekannten Masken am Festspielhaus gestaltet.

Kriegsankäufe

Seit wenigen Tagen liegt nun eine wissenschaftliche Untersuchung zur NS-Geschichte des prominenten Bauwerkes vor. Drei Jahre hat die Kunsthistorikerin Imma Walderdorff in einem vom Wissenschaftsfonds unterstützten Projekt die Geschichte des Schlosses aufgearbeitet.

Walderdorff förderte dabei überraschende Erkenntnisse ans Tageslicht. Bisher war man immer davon ausgegangen, dass der mit den Nazis eng kollaborierende Salzburger Kunsthändler Friedrich Welz das Schloss mit Bildern und Möbeln ausgestattet hatte. Dem ist nicht so. Walderdorff stieß auf ein bis dato unbekanntes Depot des Berliner Unternehmers Arthur Heinrich Kreiser, das tausende Kunstgegenstände umfasst haben dürfte. Insgesamt konnte die Wissenschafterin in den Beständen des Landes Salzburg 20 Gemälde als Kriegsankäufe identifizieren – 19 davon über Kreiser.

Zudem konnte die Kunsthistorikerin nachweisen, dass eine Reihe weiterer Bilder "Leihgaben" von Wiener Museen sind. Diese hatte Josef Goebbles persönlich besorgt, um Kleßheim als Residenz auszuschmücken.

Keine Forderungen von Erben

Das Land Salzburg als Eigentümer von Klessheim hat die Forschungsarbeit unterstützt und Walderdorff den Zugang zu den Inventarlagern des Landes ermöglicht. Außerdem will man die Forschungsergebnisse diesen Herbst im Landesverlag publizieren.

Ob es auch zu Restitutionen kommen wird, kann derzeit in der Landesverwaltung niemand exakt sagen. Die Beamten seien noch mit der Vermögensauseinandersetzung mit dem Bund beschäftigt, heißt es im Büro von Landesvize Christian Stöckl (ÖVP). Forderungen möglicher Erben liegen aber derzeit nicht auf dem Tisch. (Thomas Neuhold, 19.4.2017)