Nemophora scopolii, bislang Opfer einer Verwechslung.

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Innsbruck – Ein Schmetterling lebte über 200 Jahre weitgehend unerkannt in Mitteleuropa – bis ihn vor Kurzem ein Tiroler Experte in Zusammenarbeit mit finnischen Forschern durch den Einsatz modernster genetischer Methoden bestimmte. Der bisher namenlose Schmetterling aus der Familie der Langhornmotten wurde nach dem Alttiroler Naturforscher Johann Anton Scopoli (1723-1788) benannt, teilte das Tiroler Landesmuseum am Mittwoch mit.

Genetische Spurensuche

Die Entdeckung sei gleich mehreren glücklichen Umständen zu verdanken, meinte Peter Huemer, Kustos der Naturwissenschaftlichen Sammlung der Tiroler Landesmuseen. Aufgrund umfassender Bestrebungen zur genetischen Erfassung der Fauna Tirols und Südtirols sowie Finnlands lagen erstmals genetische Fingerprints für diese Art sowie ihren nördliche "Doppelgängerin", die De Geers Langhornmotte, vor. Mit dieser Methode wird die Abfolge der Basenpaare als Kennzeichen für eine Art ähnlich wie bei einem Strichcode auf Produktverpackungen analysiert.

"Der Vergleich dieser genetischen Daten über die globale Datenbank BOLD gab starke Hinweise auf eine mögliche versteckte Artenvielfalt. In einem weiteren Schritt wurden neueste molekulare Methoden, die das gesamte Genom berücksichtigen, eingesetzt", erläuterte Huemer. Eine von der finnischen Akademie finanzierte Untersuchungen und exakte Analysen des Körperbaus hätten schließlich die Neuentdeckung bestätigt. Der bisher namenlose Schmetterling wurde in der Fachzeitschrift "Systematic Entomology" unter der taxonomischen Bezeichnung Nemophora scopolii vorgestellt.

Zum Verwechseln ähnlich

Die Art wurde über mehr als 200 Jahre von allen Experten mit De Geers Langhornmotte verwechselt, die seit ihrer Beschreibung durch den berühmten Naturforscher Carl von Linné im Jahr 1758 als unverwechselbarer galt. Nun steht aber fest, dass es diese Art in weiten Teilen Mitteleuropas gar nicht gibt. In Österreich, aber auch in Italien und Süddeutschland fliegt stattdessen als äußerst ähnlicher Doppelgänger Scopolis Langhornmotte. Nachgewiesen wurde er beispielsweise in Innsbruck, in Nörsach in Osttirol und im Großraum Bozen.

"Die Entdeckung ist ein weiteres Glanzstück für die weltberühmten alpinen Schmetterlingssammlungen der Tiroler Landesmuseen", freute sich Wolfgang Meighörner, Direktor der Tiroler Landesmuseen. Die bisher letzte Neuentdeckung in Mitteleuropa erfolgte 1943. Damals sei eine unerkannte Art im Brennergebiet Tirols gefunden worden.

Langhornmotten sind wegen ihrer auffallend langen Fühler, die bei einigen Arten die dreifache Flügellänge erreichen, eine unverwechselbare Schmetterlingsfamilie. Sie fliegen überwiegend am Tag im Sonnenschein in einem eigenartig pendelnden Flug und treten häufig in Gruppen oder sogar Schwärmen auf. Manche der oft bunt metallisch gefärbten Schmetterlinge können auf Blüten beobachtet werden. Etwa 50 Arten von Langhornmotten kommen in Europa vor, 32 davon in Österreich. (APA, red, 2. 11. 2016)