Bruder Otto starb, als Adolf Hitler drei Jahre alt war.

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Braunau – Für den Durchschnittsbürger ist es vielleicht nur eine Fußnote der Geschichte. Allerdings eine Falsche: Adolf Hitler war nicht das vierte Kind seiner Eltern, Alois und Klara, sondern das Dritte. Aufgeklärt hat diesen lange immer wieder in Publikationen und unter Historikern weiter tradierten Fehler jetzt der ehemalige Schuldirektor und Leiter der Braunauer Zeitgeschichte-Tage, Florian Kotanko.

Kotanko, selbst ein gebürtiger Braunauer, der sich seit vielen Jahren vor allem mit der Beziehung von Hitler zu dessen Heimatstadt Braunau beschäftigt, war der Erste, der sich nicht auf Abgeschriebenes verließ und in den Archiven der Stadtpfarre Braunau nachsah. Dabei konnte er nachweisen, dass Adolf Hitlers Bruder Otto nicht vor, sondern nach dem späteren Diktator geboren wurde, und zwar 1892. Otto wurde nur fünf Tage alt, als Todesart wurde in den Unterlagen der Pfarre "Hydrozephalus" angegeben, eine Krankheit, die landläufig auch als "Wasserkopf" bezeichnet wurde.

Paulas falsche Erzählung

Als Otto starb, war Hitler drei Jahre alt und nicht, wie bisher angenommen, gar nicht auf der Welt. Nur zwei der sechs Kinder des Ehepaars erlebten das Erwachsenenalter: Adolf und Paula, die 1896 geboren und 1945 von US-Militärs über die Familie befragt wurde. Ob sie absichtlich das falsche Geburtsjahr für Otto, der lange vor ihrer Geburt lebte, angegeben hat, wird wohl kaum mehr feststellbar sein. Warum aber seit den 1950er Jahren bis zuletzt keiner der Autoren von Büchern über Adolf Hitler auf die Idee kam, die Archive der Braunauer Stadtpfarre zu befragen, kann sich auch Kotanko nicht erklären: "Das dürfen Sie mich nicht fragen", sagt er zum STANDARD. Seine Enthüllung stößt jedenfalls auf großes internationales Interesse. In den letzten Tagen hatte er neben Anfragen von heimischen Medien auch viele aus Deutschland und Spanien.

Die Erkenntnis, dass sich Adolf Hitler – möglicherweise – an den kranken kleinen Bruder erinnern konnte, lässt auch diverse Psychogramme, die Wissenschaftler posthum vom Diktator erstellten, in neuem Licht erscheinen. Doch das sei eine Diskussion, die man "mit einem Kinderpsychologen führen müsse", so Kotanko: "Ich fühle mich für die Tatsachenfindung zuständig, nicht für irgendwelche Schlussfolgerungen, die aus ihnen entstehen." (Colette M. Schmidt, 2.6.2016)