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In der Urteilsbegründung hob das Schöffensenat die mangelnden Schuldeinsicht der ehemaligen Direktorin von World Vision Martina Taurer-Krones hervor

Foto: APA/ ROLAND SCHLAGER

Die World-Vision-Affäre war der Hauptgrund, ein Spendensiegel in Österreich einzuführen.

Per 24. 9. 2004 standen hinter dem roten Logo 141 Spenden- und Nonprofitorganisationen (NPO) in Österreich, die von der Kammer der Wirtschaftstreuhänder vor Verleihung geprüft wurden. Sieben Prüfungsbereiche schauen sich Kammervertreter bei den einzelnen Organisationen an. Da geht es um eine ordnungsgemäße Rechnungslegung und Verwendung der Spendengelder, um ein internes Kontrollsystem, die Trennung von Geschäftsführung und Kontrollorganen, Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit in der Führung und angemessene Gehälter in der NPO oder die Lauterkeit der Spendenwerbung. (red)

Wien - Wien - Drei Jahre Haft unbedingt für Martina Krones-Taurer (43) - das sei an der "Untergrenze", sagte Richter Kurt Wachsmann nach der Urteilsverkündung. Bis zu zehn Jahre hätte Krones-Taurer, die Expräsidentin von World Vision Österreich bekommen können, weil sie ihr und ihrem Mann Wolfgang anvertraute Spendengelder privat verwendet hat. Dennoch seien die drei Jahre Haft für die Veruntreuung von 650.000 Euro "schuld- und tatangemessen". Ehemann Wolfgang (52) bekam als "Mitläufer" in der Affäre zwei Jahre Haft bedingt. Mangelnde Schuldeinsicht

Die Urteile sind nicht rechtskräftig. Das Gericht hat sich in der Begründung vor allem daran gestoßen, dass sich das Paar Krones-Taurer keiner Schuld bewusst war. "Sie hat geglaubt, darauf einen Anspruch zu haben", meinte Richter Wachsmann über Martina Krones-Taurer. Sie sprach von "ein paar Schlampereien", die vielleicht passiert seien. Ihr Gatte sagte, er habe zwar Fehler gemacht, sei aber bereits mit dem sechs Jahre dauernden Verfahren genug bestraft, weil "wir fast alles verloren haben".

Sechs Jahre Verfahren

1998 flog die Affäre auf. Damals entdeckte World Vision International, eine Organisation, die Patenschaften mit Kindern in Afrika, Asien und Lateinamerika vermittelt, bei einer internen Prüfung, dass die Buchhaltung unvollständig und der Geldfluss nicht nachvollziehbar seien. Es ging ursprünglich um mehr als eine Million Euro. Die Recherche, um den Verbleib des Geldes zu klären, nahm Jahre in Anspruch. Es ging um Strafen fürs Falschparken, die mit Spenden beglichen wurden. Martina Krones-Taurer, in früheren Jahren Vertreterin der konservativen Studentenorganisation Jes, begründete: Das sei billiger, als wenn die Spender die Parkgarage zahlen würden. Auch Urlaube wurden vom Spendenkonto beglichen, die Staatsanwaltschaft fand es befremdlich, dass für den Wohltätigkeitsverein eine Dienstwohnung im Kurort Bad Ischl (OÖ) angeschafft wurde, von Flügen mit der Concorde ganz zu schweigen.

Private Konten wurden geöffnet

Immer neue Anzeigen kamen hinzu, der Nachfolgeverein von World Vision International forderte auf zivilrechtlichem Weg Geld vom Paar Krones-Taurer. Deren Konten wurden geöffnet, um zu erkunden, ob die beiden ihren aufwändigen Lebensstil aus eigener Kraft finanzieren konnten. Erst am vergangenen Dienstag erweiterte der Staatsanwalt die Anklage um weitere 180.000 Euro Schadenssumme, was in dem am Mittwoch ergangenen Urteil aber keine Rolle mehr spielte.

World Vision heute Der Name World Vision wird nach wie vor mit der Spendenaffäre in Zusammenhang gebracht, selbst wenn seit 1999 ein Nachfolgeverein, die World Vision GEV, besteht. Dort ist man über das Ende des sechs Jahre währenden Prozesses zwar erleichtert, "der Schaden ist jedoch nicht wieder gut zu machen", sagte Geschäftsführerin Amanda Platzer. Durch den Imageverlust habe man enorme Spendenrückgänge verzeichnen müssen. Der Verein betreut derzeit 7700 Patenschaften für Kinder, allein 2003 zahlten die Paten 2,434 Millionen Euro für ihre Kinder. Eine Patenschaft kostet 30 Euro pro Monat und Kind. (DER STANDARD Printausgabe 30.9.2004)