Wien/Brüssel - Während Dienste von 70 Stunden und mehr in österreichischen Spitälern gang und gäbe sind, erlaubt die Arbeitszeitrichtlinie der EU nur eine Maximalarbeitszeit von 48 Stunden pro Woche inklusive Überstunden. Dem widerspricht allerdings das österreichische Krankenanstalten-Arbeitsgesetz, nach dem bis zu 72 Stunden erlaubt sind.  

In einem Mahnschreiben fordert EU Österreich respektive das Sozialministerium von Rudolf Hundstorfer (SPÖ) nun auf, einen Vorschlag zur Reduzierung der arbeitszeitlichen Belastung der Ärzte vorzulegen. Andernfalls drohe eine Klage der EU, berichtete das Ö1-"Morgenjournal" am Donnerstag.

EU droht mit Vertragsverletzungsverfahren

Genau einen Monat hat das Ministerium demnach noch Zeit, um auf die Mahnung zu reagieren. Sollte der Kommission bis dahin von kein Vorschlag über eine Neuregelung der Arbeitszeit von Spitalsärzten im Krankenanstalten-Arbeitsgesetz vorliegen, kommt es binnen weniger Monate zu einem Vertragsverletzungsverfahren beim Europäischen Gerichtshof.

Hohe Geldstrafe möglich

Das wiederum könnte eine Klage durch die EU-Richter und entsprechende Sanktionen zur Folge haben, eine hohe Geldstrafe für Österreich wäre dann wahrscheinlich. Das Sozialministerium will das verhindern und arbeitet nun laut Hundstorfers Büro unter großem Druck an Änderungsvorschlägen. Im April wolle man gemeinsam mit den Bundesländern eine Alternative zum derzeitigen Arbeitsgesetz erarbeiten. Die von der EU-Kommission geforderte Stellungnahme soll dann rechtzeitig nach Brüssel gehen.

Sollte die Kommission mit dem ersten Vorschlag nicht einverstanden sein, hätte Österreich demnach noch eine zweite Möglichkeit, eine Alternative zu erarbeiten. Erst wenn auch diese abgelehnt würde, würde ein Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet werden.

Ärztekammer: Chronische Überlastung

Der Bundesobmann der Angestellten Ärzte, Harald Mayer, findet es indes bedauerlich, dass die Europäische Union einschreiten müsse, damit Österreich mit den überlangen Arbeitszeiten in den Spitälern aufräume. Die jahrelangen Forderungen der Österreichischen Ärztekammer (ÖÄK) seien von der Regierung ignoriert worden, sagte er in einer Presseaussendung.

Der Bundeskurien-Chef bestätigte, dass hierzulande viele Spitalsärzte nach wie vor 72 oder mehr Stunden in der Woche arbeiten. "Dieser Zustand ist für Ärzte und Patienten gleichermaßen unerträglich. Sie führen zu chronischen Überlastung der Ärzte und gefährden die Patienten", sagt Mayer. Nun sei das Sozialministerium am Zug, um mit den Ländern sehr rasch "sozial verträgliche und organisatorisch mögliche Lösungen" zu finden. (juni, derStandard.at, 20.3.2014)