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"Assassinate Assange" von Angela Richter. Premiere im Künstlerhaus am 19. Oktober, 20 Uhr. Weitere Termine am 21. und 22. Oktober.

Foto: dapd

Ihr erstes Treffen mit WikiLeaks-Gründer Julian Assange hat die deutsche Regisseurin Angela Richter auf eBay ersteigert. 1.600 Euro ließ sie sich dieses Gruppenessen kosten, aber es hat sich ausgezahlt: Insgesamt traf die 40-Jährige den Aktivisten, der Mitte Juni in die ecuadorianische Botschaft in London flüchtete, in Folge acht Mal und trug insgesamt 400 Seiten Transkripte zusammen. Daraus hat sie nun das Stück "Assassinate Assange" entwickelt, das in einer "unfertigen Form" kürzlich in Hamburg seine umstrittene Uraufführung feierte, wie sie im Gespräch mit der APA erzählte. Am Freitag hat die upgedatete Version im brut Wien Premiere.

"Hunter S. Thomson des Theaters"

Während die "Feuilleton-Dinosaurier" nicht so viel mit "Assassinate Assange" anfangen hätten können, habe die "Hacktivisten"-Szene ihr viel Beifall gespendet und ein Journalist habe sie gar als "Hunter S. Thomson des Theaters" bezeichnet. Schließlich stünden in dem Stück, das auch weiterhin ein "work in progress" bleiben wird, da noch gar nicht das gesamte Interviewmaterial aufgearbeitet werden konnte, mehr investigative Gesichtspunkte im Mittelpunkt.

Neue Phänomene

Die Auseinandersetzung mit dem Thema Internetaktivismus und Hacker begann Richter etwa vor zwei Jahren zu interessieren. Zwar würde sie die Szene keinesfalls vergöttern, die Härte, mit der Assange nach den Vorwürfen sexueller Vergehen verfolgt wurde oder die Verurteilung von Bradley Manning, dem US-Soldaten, der von Washington für die Weitergabe Hunderttausender Botschaftsdepeschen an die Enthüllungsplattform Wikileaks verantwortlich gemacht wird, habe sie jedoch beunruhigt. "Das sind neue Phänomene, für die es noch nicht einmal richtige Gesetze gibt", kritisiert Richter, dennoch würden die Aktivisten "mit voller Härte" verfolgt. "Bei Pussy Riot sind wir alle sicher, das ist die richtige Kritik an diesem System, aber wie schaut es eigentlich mit dem eigenen System aus? ", so die Regisseurin. Bei Internetaktivisten herrsche eine unklare Situation.

"Gender-Rassismus gegen Männer"

Die Missbrauchsvorwürfe, wegen derer Assange nun an Schweden ausgeliefert werden soll, nehmen in dem Stück nur einen kleinen Teil ein. Zwar versteht sich Richter als Feministin, dennoch sei es ihr aber wichtig gewesen, sich gegen "eine neue Art des Gender-Rassismus gegen Männer" zu positionieren. In dem Fall herrsche - auch medial - ein gewisses Ungleichgewicht, das sie stutzig mache. Ihre Meinung über die Causa und die Hackerszene habe sich im Laufe der Treffen mehrfach geändert, für Assange würde sie sich wünschen, dass "Schweden einen Kompromiss eingeht" und Assange endlich die Möglichkeit bekommt, Stellung zu beziehen.

Aus dem Material, das sie in nächtelangen Gesprächen mit Assange zusammengetragen hat, wird sie auch ein Buch machen. Über den Verlag hält sich die Regisseurin noch bedeckt. Assange vertraue ihr jedenfalls. Sie habe ihn mit ihrem Projekt überzeugt.

Umwälzungen aus der Nerd-Szene

Das Stück, in dem weiße Gorillas auftreten, wird wohl auch in Wien polarisieren. Für sich hat Richter jedoch bereits eine Antwort gefunden: "Es gibt eine neue Avantgarde. Schlingensief war vielleicht der Letzte, der es noch teilweise geschafft hat, gesellschaftlich etwas zu bewegen. In Zukunft werden die ganz großen Umwälzungen aus der Nerd-Szene kommen. Nicht mehr aus der Kunst. It's over, das muss ich jetzt ganz knallhart sagen."(APA, 17.10.2012)