Daniela Schily: Mehr Aktion im unbekannten Teil.

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STANDARD: Die neue EU-Donaustrategie hat ihre Mission mit den sogenannten drei "No" gestartet: kein neues Geld, keine neuen Institutionen, keine neuen Gesetzesentwürfe wegen der Donaustrategie. Sind das beunruhigende Nachrichten für das Projekt DCC?

Daniela Schily: Nein, eher eine sinnvolle Voraussetzung. Es heißt ja nicht, es gibt gar kein, sondern kein zusätzliches Geld. Bei der Vielzahl an Fonds und Initiativen, die im Donauraum existieren, ist die Rolle einer Strategie logischerweise, diese besser zu verteilen, zu strukturieren und zu koordinieren. Man braucht keine frischen Millionen, wenn die konventionellen Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (ESF) besser ausgenützt werden könnten.

STANDARD: Allerdings wurde das DCC doch mit "frischem Geld" ausgestattet - vom deutschen Bundesministerium für wirtschaftliche Entwicklung und Zusammenarbeit.

Schily: Ja, allerdings schon vor dem Beginn der EU-Donauraumstrategie. Das deutsche Ministerium hat dabei auf ein bedeutendes Kernproblem der Donauregion reagiert: Es soll die wirtschaftliche Kluft zwischen den oberen und den noch schwach entwickelten Staaten am mittleren und unteren Fluss überwunden werden und die Marke Donau auf den gesamten Flussraum ausgedehnt werden.

Bis Budapest ist die Donau eine internationale Tourismusdestination. Unterhalb ist die Donau touristisch wenig bekannt und ausgebaut. Das DCC soll dazu beitragen, dass die touristischen Rahmenbedingungen verbessert werden und die Stakeholder innerhalb der EU-Strategie grenzüberschreitend ihre eigenen Interessen definieren und verwirklichen können.

STANDARD: Heißt das, Sie helfen mit deutschem und Geld aus EU-Fonds dem unteren und mittleren Donauraum, eine Konkurrenz gegen Deutschland, Österreich, Ungarn aufzubauen?

Schily: Wirtschaftsentwicklung soll und wird sicherlich die Wettbewerbsfähigkeit fördern - auch das ist ein Ziel der Donaustrategie. Allerdings heißt das nicht, dass das DCC gegen die obere Donau operiert, es will lediglich mehr Aktion in ihrem unteren, weitgehend unbekannten Teil anregen. Dazu tragen übrigens auch Mitglieder wie die österreichische Naturfreunde-Internationale oder das Donaubüro Ulm im DCC bei.

Das DCC ist eine Mischung aus privaten und öffentlichen Stakeholdern. Sein Ziel ist, die Vision der Donau als eines Flusses, der die europäischen Völker verbindet, bis zum Schwarzen Meer zu tragen. Jacques Delors hat einmal gesagt: "Man kann sich nicht in einen Binnenmarkt verlieben." In die Donau aber schon. Und diese Liebe könnte rund 100 Millionen Menschen entlang des Flusses zusammenbringen. (Andrej Ivanji, DER STANDARD-Printausgabe, 19.7.2011)