Exakt 6546 Meter misst die neue, zweite Röhre des Tauerntunnels auf der A10 Tauernautobahn. Seit Mitte der Woche ist sie - als Gegenverkehrstunnel - für den Verkehr freigegeben.

Foto: Asfinag/ROLAND HOLITZKY

Der alte Tunnel muss saniert werden. Offen ist, wie der Lärmschutz aussehen soll.

Salzburg – Rund elf Jahre nach dem verheerenden Brand im Tauerntunnel, bei dem im Mai 1999 nach einem Auffahrunfall zwölf Menschen ums Leben gekommen sind, ist es diesen Freitag so weit: Die zweite Röhre des Tauerntunnels, mit dem die A10 den Pongau und den Lungau unter Tag verbindet, wird offiziell dem Verkehr übergeben.

Genau genommen rollen Lastkraftwagen und Pkws bereits seit Mittwoch durch die neue Röhre. Die symbolische Eröffnung diesen Freitag ist ein Termin für Politik und Medien samt durchgeschnittenem Band und feierlichen Ansprachen. Landeshauptfrau Gabi Burgstaller (SPÖ) wird zur Tunnelpatin ernannt.

Für die Autofahrer selbst wird sich durch die Öffnung der zweiten Röhre vorerst einmal wenig ändern. Sie ist zwar heller und moderner ausgestattet als das alte finstere Loch durch den Berg, wird aber bis Juni kommenden Jahres als Gegenverkehrsbereich geführt werden. Erst dann kann der Verkehr vierspurig durch den Berg fahren, wie er das bei der zweiten großen Alpenpassage auf der A10, dem Katschbergtunnel zwischen dem Lungau und Kärnten bereits seit einem Jahr tut.

Der alte – 1975 freigegebene, 6,4 Kilometer lange – Tauerntunnel muss dringend saniert werden. Immerhin sind seit Inbetriebnahme mehr als 143 Millionen Fahrzeuge durch den Berg gebraust. Staus und Blockabfertigungen während der Hauptreisezeiten werden den Urlaubern also noch ein Jahr lang erhalten bleiben. Der Rekordstau datiert übrigens aus dem Jahr 2008. Damals erreichte die Kolonne am 2.August eine Länge von 40 Kilometern.

Für den nach der Brandkatastrophe von 1999 in Angriff genommenen Vollausbau der Tauernautobahn hat die Straßenerhalterin Asfinag viel Geld in die Hand genommen: 112 Millionen Euro hat der zweite Katschbergtunnel gekostet, für die zweite Röhre des Tauerntunnels wurden 212Millionen investiert. Dazu kommen noch die Kosten für die begleitenden Umweltentlastungsmaßnahmen ab Eben im Pongau bis Lisahofen in Kärnten von rund 300 Millionen Euro.

Mehrkosten für Lärmschutz

Genau bei diesen Entlastungen ist nun Sand im Getriebe. 2004 waren den Anrainergemeinden in einem feierlich unterzeichneten Paket – allen voran der damalige Salzburger Landeshauptmann Franz Schausberger (ÖVP) und Verkehrsminister Hubert Gorbach (FPÖ) – umfangreiche Lärmschutzmaßnahmen zugesagt worden. Einige davon wie etwa die Einhausungen in den Pongauer Gemeinden Eben und Flachau sind bereits im Bau.

Weniger rosig sieht es hingegen für die vom Verkehrslärm am ärgsten in Mitleidenschaft gezogene Lungauer Gemeinde Zederhaus direkt am Tauerntunnelsüdportal aus. Hier war ursprünglich geplant, die A10 vom Talgrund und damit vom Ortskern weg, in den Berg zu verlegen. Ein Tunnel von 800 Meter Länge plus einer Einhausung von weiteren 1,5 Kilometern, lautete das Konzept.

Inzwischen ist freilich durchgesickert, dass man sich bei der Asfinag andere Varianten überlegt. Konkret: Die Einhausung der bestehenden Autobahntrasse statt einer Verschwenkung in Richtung Berg. Hauptargument vonseiten der Asfinag sind ungeplante Mehrkosten – statt der kalkulierten 50 Millionen Euro – aufgrund geologischer Probleme.

Eine Argumentation, die vor allem die Grünen nicht akzeptieren: "Es ist sehr verwunderlich, dass man erst jetzt auf die geologischen Gegebenheiten draufkommt. Und es ist noch verwunderlicher, dass diese geologischen Gegebenheiten nur dort eine Rolle spielen, wo es um den Schutz der Anrainer geht, aber nicht beim Tauerntunnel selbst" , meint die grüne Landtagsabgeordnete Astrid Rössler. Sie will von Landeshauptfrau Burgstaller ein klares Bekenntnis zur ursprünglich "fix zugesagten" (Rössler) Verschwenkung.

Die Landeshauptfrau will sich zum Konflikt vorerst nicht äußern. Man warte auf die Expertise eines unabhängigen Gutachters, der sowohl von der Gemeinde Zederhaus als auch von der Asfinag akzeptiert worden sei, so ein Sprecher Burgstallers. (Thomas Neuhold, DER STANDARD – Printausgabe, 30. April, 1., 2. Mai 2010)